TimecodE - Lapses

von Malte H.

Bewertung: 8/10

Cover Timecode Lapses

Chile, das langgezogene Land an der Westküste Südamerikas, war für mich lange Zeit eher unbekanntes Terrain, wenn es darum ging, die Metal-Weltkarte zu füllen. Seit einiger Zeit, genauer gesagt seit der Entdeckung von POEMA ARCANVS, flattern mir jedoch immer mehr chilenische Metalbands in die Gehörgänge. Eine davon ist TIMECODE. Das Quintett aus Santiago de Chile zockt recht progressiven Death Metal und veröffentlichte 2012 mit "Lapses" das zweite Album der Bandhistorie, welches mir nun zur Rezension vorliegt.


Nach dem kurzen Intro "Antesala" geht es mit "Severe Episodes of Lunacy" das erste Mal auf "Lapses" richtig in die Vollen. Vertracktes Riffing wird von knackigen Drums unterlegt und alsbald von wuchtigen Growls in Grund und Boden gestampft. Ein reinrassiges Brett gleich zu Beginn also.  Dabei zeigen TIMECODE vom Start weg, was einen auf dem Zweitling der Band erwarten wird. Viele Rhythmus- und Tempowechsel bestimmen das Geschehen, sodass zwischen drückenden Blastbeats und groovigen Mid-Tempo-Riffs alles vertreten ist. So was wie Zurückhaltung scheinen die Chilenen nicht zu kennen.


In der Folge kriegt man Songs wie "Erratic" und "The Spiral Eyes" um die Ohren geknallt, bei denen man gar nicht so wirklich weiß, wie man den Kopf zu diesen irren Abfolgen von Rhythmen und Riffs bewegen soll. Alleine was Drummer Danilo Estrella hier abliefert ist beeindruckende Kunst. Doch auch die Saitenfraktion muss sich nicht verstecken. Groovige Riffsalven, starke Solis, ausgearbeitete Melodien, brachiale Ausbrüche... kann man von einer Band noch mehr verlangen? Entgegen den zu Beginn des Albums eventuell aufkommenden Erwartungen werden auch die Growls von Sänger Felipe V. auf Dauer nicht eintönig. Im Gegenteil: Im vorletzten Song überraschen TIMECODE mit "Lasting Sequel", einer epischen Doom-Nummer, die neben getragenen Gitarren auch einen eindringlichen Klargesang-Chor zu bieten hat. Respekt. Gibt es eigentlich was, was TIMECODE nicht können?


Ja, das gibt es tatsächlich. Bei allen Stärken von "Lapses" muss man den Chilenen zur Last legen, dass sie es teilweise mit den Wechseln in Rhythmus und Tempo doch arg übertreiben. Geradlinigkeit sucht man auf "Lapses" recht vergebens. So manches Mal, wie bspw. im Brecher "Grieving", tauchen Riffs auf, die bereit sind, einen abzuholen, jedoch so schnell vorbeiziehen, dass man gar nicht richtig auf den Zug aufspringen kann. Das ist insbesondere dann schade, wenn eine eingängige Passage, die zum Headbangen geradezu prädestiniert ist, zu schnell durch ein neues Riff oder einen neuen Beat abgelöst wird. Dadurch kann der Einstieg in "Lapses" mitunter schwer werden, da das Album auf den ersten Blick doch sehr chaotisch und überladen wirkt. Die zahlreichen Ideen, die TIMECODE untergebracht haben, können überfordern. Man muss sich erstmal auf das Album einlassen, bevor es richtig zündet. Freunde progressiver Death-Klänge kommen hier jedoch von Anfang an volles Rohr auf ihre Kosten.


Neben ihren spielerischen Fertigkeiten profitieren TIMECODE auf "Lapses" vor allem auch vom wuchtigen, klaren Sound, der es ermöglicht, sogar die Basslines bis ins Detail nachzuvollziehen. Hauptverantwortlich hierfür zeigt sich niemand geringerer als Igor Leiva, Gitarrist der chilenischen Death / Doom Vorreiter POEMA ARCANVS.

Fazit

Der Blick nach Chile lohnt sich immer wieder. TIMECODE waren mir vorher gänzlich unbekannt und schlugen ein wie eine Bombe. "Lapses" ist ein abwechslungsreiches, vielschichtiges Album, auf dem TIMECODE vieles richtig machen. Insbesondere die Fähigkeiten von Drummer Danilo Estrella sind beeindruckend. Hier und da hätte ich mir gewünscht, dass das eine oder andere Riff etwas länger präsent gewesen wäre, um es richtig genießen zu können. Doch die hohe Anzahl an erstklassigen Riffs und Rhythmen entschädigt dafür. Wer einen Blick über den Tellerrand wagen will und seinen Death Metal auch gerne mal progressiver verkostet, MUSS hier zuschlagen. Es führt kein Weg dran vorbei.

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