Teufelskreis - Wahrheit Oder Lüge

von Rüdiger Vinschen

Bewertung: 4/10

Teufelskreis - Wahrheit Oder Lüge

TEUFELSKREIS, ein bedeutungsschwangerer Name, kommen aus Österreich und haben schon eine Weile lang keine zählbaren Outputs mehr geliefert, nachdem zwischen 2008 und 2014 drei Alben und eine EP erschienen waren. Mir zuvor unbekannt, aber durch das Independent-Label NRT Records wieder mal durch ein beeindruckend gut ausgearbeitetes Pressekit angepriesen, rangieren TEUFELSKREIS im deutschsprachigen Heavy Rock, der angesichts seiner schweren und düsteren Gitarrenriffs metal-lastig daherkommt und so auch ein Stück weit Trademarks der Neuen Deutschen Härte bedient. Vom Hörensagen her sollen frühere Veröffentlichungen diese Sparte noch eindeutiger bedient haben. Doch in 2018 scheinen sie mir in der düstereren Gegend des Deutschrocks am treffendsten aufgehoben.

Die Metal-Lastigkeit erschöpft sich dann auch im Gitarrensound und den Lead-Soli. Der Songaufbau, die Riffs an sich, die Hooks, Fills, das ganze Drumherum sind mit deutlich simplizistischem Anspruch ausgearbeitet. Heißt, dass sich ein Song Rock-typisch um ganz wenige geringfügig variierte Riffs aufbaut. Das Grundgerüst aller Songs erfordert nur wenig spielerisches Geschick. Mit der Frage beschäftigt, ob die Band damit hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurückbleibt, dämpft der Hörgenuss von "Hängt Sie Höher" diese Erwartung ein wenig. Die dort mit der Gitarre gespielte Eröffnung ist sicher die anspruchsvollste auf dem ganzen Album, klingt aber nicht sauber eingespielt, vor allem beim Timing. Das wundert umso mehr, da die reichhaltig eingestreuten Gitarrensoli durch die Bank weg nicht von schlechten Eltern sind und zu den Top-Qualitäten von "Wahrheit Oder Lüge" zählen. Und das wiegt umso schwerer, da ich bis auf die sehr ansprechenden und auch im Mix sehr organisch und trefflich eingefangenen Drums nicht viel Positives über die Scheibe zu sagen habe.

Nein, mit "Wahrheit Oder Lüge" werde ich insgesamt nicht warm. Die CD rotiert schon etliche Durchläufe, um ganz sicherzugehen, dass nicht persönliche Befindlichkeiten ein eigentliches Top-Werk zu Unrecht schmälern. Und tatsächlich ist die Simplizität in den Songs wie in den Texten ein im Deutschrock eigentlich verbreitetes Konzept. Trotzdem überwiegen in der reflektierten Kritik die negativen Aspekte. Die befinden sich großteils in der Umlaufbahn des Vokalisten Ronny Platzer (der übrigens eine gewisse äußere Ähnlichkeit zu Tom Warrior nicht ganz leugnen kann). Ronny performt in einem sehr begrenzten Stimmumfang, bleibt häufiger in einem recht monotonen Sprechgesang. Ich will sein Können nicht beurteilen, das kann im Gesamtkonzept der Songs so gewollt sein. Da die Lyrics selbst aber recht platt sind, fällt das nicht eben positiv auf. Auch bei den recht starren AABB- oder sogar AAAA- Reimschemata wünsche ich mir dringend mehr Abwechslung und pfiffigere Ideen. Da sind wir auch schon bei des Pudels Kern, die Lyrics sind's, die für mich die Suppe vollends versalzen. "Wahrheit Oder Lüge" beinhaltet einen Gesamt-Rundumschlag an Themen, denen man einen gesellschaftskritischen Anstrich verpassen kann. Dem eigenen Anspruch aus dem Opener "Zum Teufel", dass man Dinge anspreche, die Andere sich nicht trauen würden, dass man den Finger in die Wunden dieser Zeit lege, wird man aber nicht gerecht. Sollen die Texte minimalistisch sein, wenig vorgeben und hauptsächlich zum Nachdenken anregen? Dann müssen sie wesentlich intelligenter sein als Dinge wie "Liebe Kirche, lass uns lachen, lass uns fluchen / Liebe Kirche, Friede, Freude, Eierkuchen" (nur ein Beispiel, derer es noch massenweise gibt). Oder will man eindeutige Stellung beziehen? Dann muss das Statement schon ein bisschen tiefer gehen als "Kirchen sind verlogen", "Drogen sind Scheiße", "Wahre Freunde sind die besten" oder "Politiker betrügen uns".

Völlige Griffe ins Klo sind für mich "Kugelrund" und "Hängt Sie Höher". "Kugelrund" ist ein witzig gemeinter Song, der eine gewichtige Frau thematisiert, die sich am liebsten bis zum Bersten vollstopft. Vermutlich ganz ähnlich gemeint wie die berühmte Restaurant-Szene aus Monty Pythons "Der Sinn Des Lebens", gerät das Werk im Kontext von 2018 zum Rohrkrepierer. Wo ist der Witz? Ist das ein Insider, ist eine bestimmte Frau gemeint? Warum die Konzentration auf "sie", gibt's keine fetten Männer? Liegt dem ein weibliches Idealbild zugrunde, das das schöne Geschlecht bitte erfüllen möge? Fatshaming anyone? Ich finde den Witz nicht. Und "Hängt Sie Höher"? Meinen sie das wirklich ernst? Worüber sollen die Leute sich Gedanken machen, wenn man Politiker an den Strick wünscht? Diese Art Messages kommt aus einer politischen Ecke, in die man TEUFELSKREIS eigentlich überhaupt nicht einordnen kann, umso unverständlicher ist der Inhalt hier. Solche Dinge lassen mich einfach ratlos zurück.

Deutschrock und NDH sind für mich sicher nicht die Stilrichtungen erster Wahl, aber kompositorische Qualität gibt es auch dort, auch abseits des Genre-immanenten Mainstreams. Ich kann leider nicht erkennen, dass wir hier ein wegweisendes oder auch nur besonders hörenswertes Werk vorliegen haben. Schaffenstechnisch simplizistische Alben benötigen noch viel mehr Geschick und Fingerspitzengefühl als spielerisch überladene Scheiben, leider kann man das bei "Wahrheit Oder Lüge" insgesamt nicht erkennen.

Fazit

Wie viele Bands im Deutschrock versuchen auch TEUFELSKREIS auf "Wahrheit Oder Lüge" mit besonders klarer Kante und markigen Messages zu punkten. Leider gerät das angepeilte Ausrufezeichen eher zum metaphorischen "Punkt-Punkt-Punkt". Ob das nun an der diffusen Querfront-Philosophie des größten gemeinsamen Nenners liegt oder an generellen Schwächen beim Songwriting, ich kann es nicht sagen. So bleibt das vierte Studio-Album des österreichischen Quartetts ein eher unterdurchschnittliches Album. Punkten kann es dennoch mit einfachen, aber eingängigen Gitarrenlinien, schön eingespielten Soli und ziemlich gut gemachten Drums.

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