Shadowbane - Facing The Fallout

von Rüdiger Vinschen

Bewertung: 9/10

Shadowbane - Facing The Fallout

Endlich lässt die deutsche Metal-Hauptstadt und offiziell schönste Stadt der Welt wieder was von sich hören. Richtig, die Rede ist selbstverständlich von Hamburg! Natürlich ist sie als Heimat unheimlich vieler deutscher Metal-Größen bekannt, darunter HELLOWEEN, GAMMA RAY, RUNNING WILD, MASTERPLAN und viele andere. Aber auch aktuellere Acts wie STORMWARRIOR, DEVASTATOR oder auch NEGATOR stammen von der Waterkant, genau wie die Urheber des hier vorliegenden Debütalbums "Facing The Fallout". Die Rede ist von SHADOWBANE, die so grob seit 2007 den Underground der Hansestadt unsicher machen. Eine Demo-EP mit Namen "Dystopia", von der drei Tracks auch auf dem aktuellen Langeisen zu finden sind, wurde vor knapp fünf Jahren veröffentlicht. Nicht nur mit dem Songwriting ließ man sich Zeit, auch die finale Produktion des ersten eigenen Langspielers gestaltete sich nicht ganz so einfach. Bereits 2013 führte die Wacken Foundation die SHADOWBANE'sche CD-Produktion bei den geförderten Projekten, doch die mit dem Mastering beschäftigten Hammer Studios (Dirk Schlächter himself zeichnet sich verantwortlich für den Sound) brannten, wie weithin bekannt sein dürfte, im November ab. SHADOWBANE gehörten zu den Leidtragenden, das dort liegende Material und das Equipment waren wegen anhaltender Ermittlungen auch lange nach dem Verlöschen der Glut für die Besitzer nicht zugänglich. Die renommierten Pure Steel Records haben "Facing The Fallout" nun Anfang 2015 endlich in die Läden gebracht - es wurde auch langsam Zeit. "Post Apocalyptic Power Metal", so beschreiben SHADOWBANE ihren eigenen Stil. Das erscheint zunächst so stimmig wie stereotyp, "Facing The Fallout" passt mit seinem Cover und seiner thematischen Ausrichtung genau in das postapokalyptische Setting. Die Band selbst gibt an, den alten 80er und 90er-Endzeitkinostreifen huldigen zu wollen. "Mad Max" kommt einem da unweigerlich in den Sinn, aber auch die PC-Spielereihe "Fallout". Die interessante Frage lautet jetzt eigentlich, ob das Ganze zündet und ob die thematische Einengung auch für die Zukunft (vier Alben später z.B.) tragfähig ist.

"Facing The Fallout" ist das, was ich ein halbes Konzeptalbum nennen würde. Natürlich ist der postapokalyptisch rote Faden deutlich erkennbar, die Songs drehen sich ja um nichts Anderes. Dennoch ist der Zusammenwurf eher lose, kommt ohne Story-Elemente aus und weist keine vordergründig konsistente Handlung auf. Das kurze Intro "Red Alert" gibt sich mit seinen allzu generischen Luftschutzsirenen ziemlich einsilbig. Die Message: ein Intro soll nicht vom Wesentlichen ablenken. Es bietet gerade so eben die paar Sekunden Einstieg, in denen noch einmal die Nackenmuskeln gelockert und die Mähnen ausgeschüttelt werden. Neben "Red Alert" hat nur noch "Under Bleeding Skies" ein kleines Sprech-Intro, das war's dann auch mit Nebenwerk. Vorteil: es kommt keine Ungeduld auf, denn "Beyond The Winds Of War" legt gleich danach mächtig vor. Sofort erkennt man, dass der Power Metal, den die fünf Nordlichter zelebrieren, nicht viel mit dem klinischen, hoch gestimmten Einhorn-und-Zauberer-Zeug europäischer Färbung zu tun hat. Keyboards sind hier fehl am Platz. Das ist US-Power aus den Neunzigern, wenn auch kein reinblütiger. Ich erkenne viele Stilmerkmale, die damals u.a. ICED EARTH berühmt gemacht haben. Und doch ist da noch etwas Anderes. Die sich ergänzenden doppelten Gitarrenparts haben manchmal mehr als ein bisschen was von britischem New Wave-Metal nach IRON MAIDEN-Manier, vor allem in der eben erwähnten Eröffnungsnummer fällt das auf - aber auch beim sozusagen inoffiziellen Titeltrack-Gespann "Under Bleeding Skies" und "After The Fallout". Dann setzen die Schelme mit Tracks wie "Traitor" noch einen obendrauf und servieren eine flinkfüßige, aus purem Thrash geborene Knüppelnummer. Die Verweise auf traditionellen Heavy Metal aus deutschen Landen (ACCEPT und BLACK HAWK seien da mal in den Raum geworfen) runden das Bild ab. Langweilig wird's auf "Facing The Fallout" jedenfalls nicht, soviel kann ich sagen.

Denn auch, wenn das hanseatische Quintett prinzipiell nichts Neues komponiert, lässt sich über ihre Musik fast nur Gutes sagen. Und allem voran eines: ihre Songs bleiben hängen. Das ist vielleicht die größte Stärke dieses beinharten Album-Einstands. Ausnahmslos jeden Refrain kann man allerspätestens beim zweiten Durchlauf mitschmettern, sofern man zu den Langsamen gehört. Vor allem haben es mir die Ober-Hymne "Tear Down The Wall" mit ihrem starken "United"-Motto, "Last Division", "Under Bleeding Skies" und "Dystopia" angetan. Wer auch immer Melodien und Texte fabriziert, hat ein extrem gutes Händchen für eingängige Hooks. Stefan Harder am Mikro schmettert seine Textzeilen wunderbar kräftig und in hohen wie mittleren Lagen, in denen er sich meist bewegt, tonsicher herunter. Stil und Stimmfärbung sind dem von Bruce Dickinson nicht so unähnlich, auch wenn der direkte Vergleich ein wenig hinkt. Aber ich kann gerade nicht den Finger darauf legen, woran Stefan mich noch erinnert. Egal: der Typ hat's drauf, der Meute mitreißende Zeilen hinzuwerfen, die sie gierig aufschnappen wird. Die Mitsing-Parts sind auf Platte deutlich mit Bandshouts gekennzeichnet, das wird live losgehen wie sonst nichts.

Die beiden Gitarristen leisten an ihren Äxten ganze Arbeit. Die schon angesprochenen doppelten Melodiebögen können auf ganzer Linie überzeugen. Die Soli sind furios und anspruchsvoll, bisweilen lang, aber nie zu ausladend, sondern auf den Punkt gebracht. Solche Werke sind der Grund, warum der Power Metal diesen Namen trägt. Power pur. Während der Bass relativ brav begleitet, gibt sich das Schlagzeug darunter vielseitig. Das Grundtempo ist dank exzessivem Doublebass-Einsatz anständig, die bisweilen zu hörenden galoppierenden Bassdrum-Tripel bieten aber eine sehr schöne, weil abwechslungsreiche und ebenso zügige Alternative. Das Ganze hat Dirk am Mischer erstklassig zusammengesetzt. Nicht zu sauber, massig Power, massig Druck, so sollte Metal klingen. Das Niveau halten sie auch über neun Songs hinweg konstant durch. Damit befinden sie sich in meinen Augen mit Hamburger Geheimtipps á la BLACK HAWK und PARAGON in allerbester Gesellschaft und müssen sich vor diesen garantiert nicht verstecken.

Anspieltipps: "Under Bleeding Skies", "Dystopia", "Last Division", "Tear Down The Wall"

Fazit

"Facing The Fallout" kommt mit einem Paukenschlag. SHADOWBANE haben ihren Platz im Power Metal gefunden, das merkt man. Das Album wird den Underground ohne jede Frage gehörig durchschütteln. Jeder, der mit Power Metal was anfangen kann, wird diese Langrille abfeiern. Uneingeschränkt dauerrotationstauglich. Anno 2015 wird an SHADOWBANE niemand vorbeikommen, der sich zu den Szenekennern zählt.

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