Relinquished - Addictivities (Part I.)

von Rüdiger Vinschen

Bewertung: 7/10

Relinquished - Addictivities (Part I.)

Ok, ja, so manches Mal wird einem auch Material angeboten, das abseits der Pfade liegt, die man üblicherweise beschreitet. Schwarzmetall zum Beispiel ist zwar eine Richtung, mit der ich persönlich vom Grundsatz her nicht allzu viel anfangen kann, aber dass es auch da Perlen gibt, erkenne ich an. Doch wenn sich ein (Indie-) Label so viel Mühe gibt und neben einer Promo-CD auch noch ein nettes Anschreiben, einige Seiten Bandinfos auf Hochglanzpapier und ein digitales Pressekit auf CD springen lässt, dann schaut man sich mal an, welche Künstler denn so viel Mühe wert sind. RELINQUISHED jedenfalls mischen Black Metal in ihren Death, garniert mit einigen Prisen Progressivität. Die Österreicher rangieren seit schlappen 15 Jahren nicht nur im Underground, sondern durften ihre Fühler auch schon darüber hinaus ausstrecken. Neben einer Russland-Tour sprangen bereits Support-Auftritte für u.a. AMORPHIS, GRAVE und OBITUARY heraus. "Addictivities (Part I.)" ist das dritte Studioalbum, und dem Namen nach zu urteilen, wird es auch nicht das letzte sein.

Mit "Expectations" startet die CD und hält sogleich eine kleine Überraschung bereit. Das Setting klingt in seiner Gesamtheit nämlich verdächtig nach Melodic Death/Doom Metal, einem Metier, in dem sich aktuell unsere Freunde von NAILED TO OBSCURITY einen Namen machen. Die Assoziation ist jedenfalls sofort da, auch wenn dem Kenner direkt die Unterschiede auffallen. Jedenfalls tritt das prägende Stilelement, der Einsatz der Vocals, direkt mehr als deutlich in den Vordergrund. Sebastian Bramböck hat ein Faible für geflüsterte Textzeilen, die oft und gerne angebracht und mit Screams und Growls konterkariert werden. Das funktioniert in dem vorliegenden Arrangement zumeist ganz wunderbar. Besonderes Ohrenmerk sollte man auf die Phrasierung legen, die ist hin und wieder regelrecht genial, besonders "Into The Black" gefällt mir in dem Zusammenhang extrem gut.

Das Instrumentarium von RELINQUISHED bildet den Webstuhl für eine ziemlich dichte Atmosphäre, von der die Scheibe auch lebt. Das verhaltene Tempo der Songs, dieser leicht doomige Charakter, lassen den Hörer merken, dass es hier Geschichten zu erzählen gibt. Da fügt sich auch "Pulse" gut ein als...ja, soll man es instrumentales Interlude nennen? Hörenswert, fordert aber den Gesamtzusammenhang im Flow des Albums, oder zumindest den Kontext von "Damaged For Good", für den es ein Intro darstellt. Die spielerischen Qualitäten zeigen sich immer dann, wenn der progressive Einschlag durchkommt, dann wird es auch mal leicht technisch ("Syringe"). Insgesamt lassen einen die Flusslinien der Riffs und Melodien jetzt zwar nicht in Jubelschreie ausbrechen, weghören mag man aber auch nicht. Die Musik ist konsequent geschrieben, die Ideen sind gut umgesetzt. Das gefällt. Das Einzige, das nicht ganz so gefällt, ist der ausgeprägte Triggersound bei der Bassdrum. Ist jedoch zu verschmerzen, da der Gesamtmix sich ansonsten sehen lassen kann.

Anspieltipps: Das mächtige Triumvirat aus "Syringe", "Zero" und "Into The Black" führt die Favoritenliste auf dieser CD an.

Fazit

Das passt doch so! RELINQUISHED haben mit "Addictivities (Part I.)" ein Album erschaffen, das die Neugier von interdisziplinär interessierten Extreme Metallern zu wecken vermag. Der Frontmann sollte "Whisperer" heißen und nicht "Vast", so oft, wie er geflüsterte Textzeilen verwendet. Dieses Markenzeichen ist schön in Szene gesetzt und kann vor einem sehr atmosphärischen Death/Black-Hintergrund überzeugen. Chapeau für ein rundum gutes Album!

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