Mar de Grises - Draining the Waterheart

von Malte H.

Bewertung: 8/10

Mar de Grises - Draining the Waterheart

Kennt ihr dieses Gefühl? Ihr lest, dass sich eine Band auflöst, die ihr irgendwie aus den Augen verloren habt, erinnert euch wieder an ein oder mehrere tolle Alben der Kombo, lasst die Scheibe(n) in Dauerrotation laufen und seid dabei zu Tode betrübt, da es keine weiteren Alben der Band mehr geben wird? So erging es mir vor kurzem mit der melodischen Death / Doom Kapelle MAR DE GRISES, die 2013 nach 13 Jahren ihre Auflösung bekannt gab. Prompt erinnerte ich mich an ihr 2008 erschienenes Zweitwerk "Draining the Waterheart", welches mich zu seiner Zeit unglaublich geflasht hat und auch jetzt noch dieselbe Wirkung erzielt. Grund genug, euch das Teil heute ans Herz zu legen.

Was die fünf Mannen um TOTTENKORPS-Drummer Alejandro Arce mit ihrem zweiten Album auf die Beine gestellt haben, lässt sich eigentlich nur schwer beschreiben. "Draining the Waterheart" ist ein Ausbruch an Emotionen, ein verstörendes wie verzauberndes Album, das vor Atmosphäre zu explodieren scheint und sich durch etwaige Genregrenzen nicht einengen lässt. Es wird gegrowlt, es wird klar gesungen ("One Possessed"), man bedient sich total verzerrter, wirrer Keyboard-Klänge, schaut in die Ambient-Richtung ("Fantasia"), tritt die Doublebass durch ("Sleep Just One Dawn") und baut dies alles auf einem so starken Death / Doom Fundament auf, dass dem geneigten Doomer schier seelig ums Herz werden muss.
MAR DE GRISES nehmen den Hörer auf "Draining the Waterheart" auf eine Reise mit, die den schmalen Grat zwischen verzückender Poesie und niederschmetternder Depression nahezu spielend meistert. Man nehme den für mich herausragendsten Song "Deep-Seeded Hope Avant-Garde", der für sich alleine genommen schon ein eigenes Universum bildet. Mit Wechseln zwischen lauten und leisen, harten und sanften Passagen fesselt die Nummer und geht nicht mehr aus dem Kopf raus. Ein großes Lob gebührt hierbei Sänger Juan Escobar, der es schafft, sowohl in seinen klaren Gesang als auch in seine gutturalen Growls so viel Gefühl zu legen, das man wahnsinnig werden kann.

"Draining the Waterheart" steckt so voller geschickt arrangierter Ideen, tollen Melodien und überraschenden Momenten, dass das Album dem Hörer seine volle Aufmerksamkeit abverlangt. Es reicht nicht aus, das Album nebenbei zu hören und nur an der Oberfläche zu kratzen. Diese wirkt mitunter harsch und dreckig, verbirgt jedoch das Gesicht eines Diamanten vor den Augen der Welt. Und genau hier liegt der Knackpunkt der Scheibe: Man muss die Zeit aufbringen, sich mit dem Zweitling von MAR DE GRISES befassen zu wollen. Taucht man nicht in das Album ein, können ambient-lastige Nummern wie "Fantasia" einen verschrecken und große Enttäuschung hervorrufen.

So ist "Draining the Waterheart" auch nach fünf Jahren noch immer ein Album, welches fordert und in das CD-Regal eines jeden Doom-Jüngers gehört. Dennoch gelten die Chilenen noch immer als Geheimtipp, was sich hoffentlich trotz der Auflösung der Band noch ändern wird. Und wer weiß? Vielleicht gibt es dann ja doch nochmal eine Reunion und ein neues, epochales Werk aus dem Hause MAR DE GRISES...?

Fazit

Kaufen, kaufen, kaufen! Doomer können hier sowieso blind zuschlagen, doch auch jeder Liebhaber facettenreicher, emotionaler und atmosphärischer Musik kommt um "Draining the Waterheart" nicht herum. MAR DE GRISES haben mit ihrem zweiten Album ein überragendes Kleinod chilenischen Dooms abgeliefert.
Bleibt nur die Frage, wieso es "nur" 8 Punkte von mir gibt. Die Antwort ist schnell gesagt: MAR DE GRISES haben da noch so ein Album namens "Streams Inwards" veröffentlicht... Bald folgt ein Review dazu, dann wisst ihr mehr.

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