God Seed - I Begin

von Malte H.

Bewertung: 9/10

God Seed - I Begin

Nach dem schier endlosen Gerangel um den Namen GORGOROTH und den zahlreichen Ankündigungen der Herren Gaahl und King ov Hell folgt diesen Herbst endlich das Release der GOD SEED-Debütscheibe "I Begin". Wie es sich für norwegische Black Metal Größen gehört, haben die beiden Ex-GORGOROTH eine illustre Schar an Musikern um sich versammelt. So bearbeiten Sir (DJERV und ex-TRELLDOM) und Lust Kilman (THE BATALLION) die Sechssaiter, Kenneth Kapstad (u.a. THORNS) sitzt hinterm Kessel und DIMMU BORGIRs Live-Keyboarder Geir Bratland bedient die Tasten. Muss man sich bei so einem Aufgebot eigentlich noch Sorgen um die Qualität der Scheibe machen?

Klare Antwort: Nein, nein und nochmals nein. Wo sich die GOD SEED "Live at Wacken"-DVD (2012) noch ausschließlich um das GORGOROTH-Erbe kümmerte, wird der Blick auf "I Begin" zunehmend nach vorne gerichtet. Mit dem Opener-Duo "Awake" und "This From The Past" blicken Gaahl und King noch ein letztes Mal deutlich zurück auf ihr letztes gemeinsamen Album mit Infernus, namentlich "Ad Majorem Sathanas Gloriam". Insbesondere "This From The Past" hätte in der Form so oder so ähnlich seinen Platz auf dem 2006er Werk verdient gehabt. Das Riffing ist so markant, dass ich im ersten Moment sofort an "Wound upon Wound" denken musste. Doch schon beim ersten Durchlauf sticht einem die markante Hammond-Orgel ins Ohr, die offenbar langsam wieder in Mode zu kommen scheint (man erinnere sich bspw. an das jüngste CANDLEMASS-Album).

Alles, was in der Folge auf "I Begin" passiert, hat mit der Altlast der Combo Gaahl / King nur noch rudimentäre Schnittstellen vorzuweisen. GOD SEED präsentieren sich im Albumverlauf extrem experimentierfreudig und aufgeschlossen, dehnen die Grenzen der schwarzmetallischen Tonkunst aus, ohne jedoch den Rahmen zu sprengen. Was auf "I Begin" geboten wird ist eine Mélange des bisherigen Schaffens aller Nebenprojekte der beiden Musiker.
Sei es psychedelisch angehauchter 70er-Rock ("Alt Liv"), typisch norwegisches und durchweg frostiges Schwarzmetall-Riffing ("From The Running Of Blood", "Aldrande Tre"), die bereits angesprochenen GORGOROTH-Chaosrasereien ("Awake"), groovige Down-Tempo-Hymnen ("Hinstu Dagar") oder ambiente Klänge wie im Rausschmeißer "Bloodline" oder den auf der Limited Edition zielsicher eingebauten Zwischenspielen "Diversion 1 / 2". Die Vielfalt, mit der GOD SEED hier agieren, mag im ersten Moment untypisch und ungewohnt wirken, doch als Gesamtwerk funktioniert "I Begin" erstaunlich gut. Um nicht zu sagen sehr gut.
Dass man dem Album ein paar Durchläufe gönnen muss, bevor es sich richtig entfaltet, sollte angesichts der genannten Elemente schon selbstverständlich sein.

Besonders hervorzuheben ist die Leistung von Sänger Gaahl. Welche Vielfalt in dessen Stimme steckt, ließ sich bereits in seinen vorherigen Projekten erahnen, doch nirgendwo durfte er seine stimmliche Bandbreite so ausschöpfen, wie auf "I Begin". Von heiserem Krächzen zu tiefen Growls über finsteren Rezitativ ("Lit") bis hin zu hymnisch-klarem Gesang (unbedingt "Hinstu Dagar" anhören!) bedient Gaahl die gesamte Palette und bereichert das ohnehin schon anspruchsvolle und düstere GOD SEED Debüt um eine weitere interessante Facette.

Anspieltipps: "Awake", "Alt Liv" und das großartige "Hinstu Dagar"

Fazit

Der Aufwand, den man zu Beginn in "I Begin" stecken muss, um sich an dessen Vielfältigkeit und Dunkelheit zu gewöhnen, lohnt sich. Nach den großen Worten, die vor Veröffentlichung des Albums gesprochen wurden, haben GOD SEED große Taten folgen lassen.
"I Begin" ist ein erfrischend abwechslungsreiches Black Metal Album geworden, welches die Genregrenzen nur allzu gerne ausdehnt, ohne sie jedoch zu überschreiten. Anstatt auf Nummer Sicher zu gehen haben GOD SEED Mut zu unkonventionellen Wegen bewiesen und sind in dieser Form heiße Anwärter auf den Black Metal Thron in diesem Jahr.

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