Extinct - Pain Palace

von Rüdiger Vinschen

Bewertung: 8/10

Extinct - Pain Palace

EXTINCT spielen schon eine ganze Weile ihren Thrash in der schönen Provinzhauptstadt Kiel. 2003 wurde die Band in Rendsburg gegründet und hat bis heute lediglich zweimal ihren Drummer gewechselt. Fast in Originalbesetzung rocken sie noch immer das Land zwischen den Meeren, und ich finde es eine Schande, dass ich in meiner Kieler Zeit meine Nase nicht ansatzweise tief genug in den regionalen Underground gesteckt habe, um Bands wie diese zu hören zu bekommen. Sei's drum, besser spät als nie. So kommt etwas spät auch der bereits erschienene, erste Langspieler "Pain Palace" zum Reaperzine. Was Drumherum und Aufmachung angeht, halten es die vier Schleswig-Holsteiner minimalistisch: Thrash und gut. Das nicht allzu anspruchsvolle, aber hübsch gestaltete Booklet enthält die Songtexte, darüber hinaus kein einziges Wort. Ihr sollt die Mucke hören und nicht lesen, wessen Oma bei der ersten Listening Session Kaffee gebracht hat, verdammt!

Die Mucke auf dem mit sieben Tracks und knapp 36 Minuten Spieldauer recht kurzen Longplayer bestätigt, was man sich anhand dieses Selbstbilds schon denken konnte. Hier geht's richtig fies und beinhart zur Sache. EXTINCT halten den Thrash ihrer großen Vorbilder aus den 80ern lebendig. Ohne Zweifel müssen an dieser Stelle Bands wie SLAYER, DESTRUCTION oder KREATOR stehen, deren Werke von damals die Zeit überdauern. EXTINCT wussten von Beginn an, was Thrash für sie ausmacht, was Stil-Ikonen wie KREATOR während ihrer experimentellen Phase in den Neunzigern schmerzvoll lernen mussten: dass Thrasher nur eine eng begrenzte Menge an Experimenten vertragen, bis sie es ihren Helden als Stilbruch übelnehmen. Und während sich KREATOR ab "Violent Revolution" ihrer Wurzeln wieder besannen, setzen auch unsere Kieler hier genau da ein. Ich persönlich finde ja, dass "Pain Palace" vor allem stark nach ANNIHILATOR klingt. Nicht nur die Balance aus cleanen Gitarren-Einspielern und Shredding, auch Metrik und Vortragsweise der aggressiven Vocals erinnern stark an die Kanadier. Wer jetzt allerdings denkt, EXTINCT können nur Old School, der irrt sich. So einiges hat man sich dann doch bei Kollegen anderer Spielarten abgeschaut, vor allem der Death Metal leiht der Komposition so einige Elemente. Blastbeating ist im Thrash meines Wissens nach zum Beispiel nicht sehr verbreitet. Die Mischung ist aber rundheraus stimmig, nichts klingt aufgesetzt oder fehl am Platz.

Die Platte lebt von Speed und Groove gleichermaßen. "Pain Palace" macht nirgendwo Gefangene, biedert sich niemandem an. Knüppelhart, wie Thrash sein muss, sind sämtliche Songs. Wer deftig abmoshen und sich den Kopf abschrauben will, kommt voll auf seine Kosten. Das düster-cleane Gitarrenintro zur CD und zum ersten Track "Dismembered" macht schnell einem brutalen Brecher mit Groove Platz. Sieben Songs lang lässt die Intensität dann nicht mehr nach, was sich auch in den hasserfüllten, schwarzmalenden, bedrohlichen, manchmal hoffnungslosen Texten wiederfindet, in deren Refrains Yascha oft passend durch Gang-Shouting unterstützt wird. "Feel The Pain Inside / You've Wasted My Life / Now Pay / Hatred" gibt einen recht guten Vorgeschmack auf die seelischen Abgründe der Lyrics (entnommen aus "Hatred"). Wohl das Tempo wird hin und wieder herausgenommen, um für schwere, schleppende Interlude-Riffs, finstere Bass-Bridges oder derlei weitere Atempausen Platz zu machen. Diese Anteile bringen Würze hinein und tragen auch einen guten Teil zum Wiedererkennungswert bei. Das ist alles nicht neu, aber sehr gut umgesetzt. EXTINCT haben Ahnung von dem, was sie tun, und das merkt man. Dass wir hier eine Eigenproduktion in den Händen halten, ist nicht herauszuhören. Obwohl der Fokus auf gutem, alten Thrash liegt, ist der Mix weder zu transparent, noch zu knarzig oder gar rumpelig. Die Balance stimmt auch hier und benötigt kaum noch einen Schliff von einem professionellen Produzenten.

Anspieltipps: "Dismembered", "Killing Fields" und "Deportation"

Fazit

Wer von 80er Jahre-Thrash nicht genug bekommen kann, sollte bei "Pain Palace" unbedingt zugreifen. Hass und Aggression lassen sich wunderbar in heftiges Headbanging und schweißtreibende Moshpit-Action umsetzen. Letzteres dürfte bei EXTINCT-Konzerten exzessiv praktiziert werden, da die Songs einen geradezu treiben, das innere Biest zu entfesseln. Die gelungene Mischung aus 90% Old School-Thrash und einigen modernen Elementen hat das Zeug zum Aushängeschild einer breit gefächerten und hervorragend aufgestellten deutschen Thrash-Szene.

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