Casket - Unearthed

von Rüdiger Vinschen

Bewertung: 7/10

Casket - Unearthed

Hui, da haben wir ja mal eine richtig altehrwürdige Death Metal-Truppe, die mir da untergekommen ist. Von diesen CASKET (mit dem Namen gibt es so einige Bands), die aus Reutlingen stammen und bereits seit 1990 ihrem Gewerbe nachgehen, hatte ich zuvor noch keine Platten im Player. In den 90ern beschränkten sich die Veröffentlichungen auf einige Demos, bevor 1998 das erste Studioalbum "Under The Surface" erschien. Danach war erst mal Sendepause angesagt, in Sachen Langspielern sind CASKET erst zehn Jahre später wieder aktiv geworden, treten seither aber relativ regelmäßig mit neuem Material in Erscheinung. "Unearthed", der neueste Album-Zuwachs vom letzten Oktober, ist das insgesamt vierte Album des Trios, das im ersten Eindruck mit einem zwar recht klischeehaften, doch nicht minder ansprechenden, düsteren Friedhofs-Cover punkten kann. Das Ganze wird auch noch in einem ziemlich schicken Digipak präsentiert. Doch letzten Endes sind auch hier die inneren Werte entscheidend.

Der Auftakt der Scheibe ist auf das Cover abgestimmt, "Anacrusis" nimmt sich eine Minute, um den Hörer abzuholen und mittels Totenglocken, Krähenschreien und derlei Atmosphärenerzeugern Friedhofsstimmung zu verbreiten. Passenderweise geht das Album-Intro nahtlos in einen doomig vorgetragenen Totenmarsch mit dem Titel "March Of The Overlord" über. Was das Feeling angeht, scheinen CASKET routinierte Manipulierer zu sein, der Eindruck ist stimmig. Wollte ich die Musik mit einem einzigen Wort beschreiben, es wäre "böse". Der Bass schnarrt in einer extrem tiefen Stimmung, Strophen wie Refrains werden zumeist von einfach gehaltenen Rhythmus-Riffs getragen, die die Hauptgrundlage des Sounds bilden. Eine darüber akzentuierte Lead-Gitarre vernimmt man nur dann und wann, bevor sie zur Verstärkung des Grundriffs wieder ins Glied zurücktritt. Der noch schleppende Opener steht ein wenig aus den restlichen Songs heraus, sind diese doch deutlich drängender und besitzen eine wesentlich größere Dichte an Doublebass und Blastbeats, die ebenfalls einen großen Stützpfeiler des CASKET-Sounds bilden, der neben dem offensichtlichen Death Metal-Label noch ein Stück in Richtung Grindcore schielt. Das folgende "Onwards To Destruction" ist besser geeignet, den Hörer darauf vorzubereiten, was ihn auf dem Rest der Scheibe erwartet.

Stimmlich allerdings gibt bereits der erste Song die Marschrichtung vor. Die Vocals sind durchweg extrem tief gegrowlt, fast schon geflüstert. Als Vergleich fällt mir immer nur Nathan Explosion ein, nur noch böser, falls das überhaupt geht. Das lässt mich einmal zum Ende der Platte springen. Von der instrumentalen Grundstimmung ein Stück heller und auch melodischer gibt sich "Endtime", einer meiner persönlichen Favoriten auf "Unearthed". Wenn es einen bestimmten Song gibt, auf dem die DETHKLOK-Parodie beruht, es wäre vermutlich so einer. Ansonsten sind solcherart melodische Ausflüge aber die absolute Ausnahme bei CASKET. Die Arrangements sind eher sparsam und nuanciert eingesetzt, im Vordergrund steht vielmehr die Brachialität des Sounds, der auch die Produktion unterworfen ist. Die vorhin schon angesprochene Leadgitarre meldet sich nur aus der zweiten Reihe zu Wort, und die fleißig blastende Schießbude wird von Snare und Kickdrum dominiert, was die Becken manchmal ein wenig matschig wirken lässt. Abgesehen davon ist der Drumstil aber sehr interessant und auch ungewöhnlich, jedenfalls höre ich diesen Wechsel zwischen Doublebass oder herkömmlichem Vierviertel und Blastbeats auf halbem Takt nicht so häufig. Das gibt den Stücken von CASKET wirklich eine ganz eigene Note.

Meiner Ansicht nach haben sie es damit bei "Pathological Paradise" aber übertrieben. Sagte ich vorhin "böse"? Hier kommt "krank" hinzu. Das Taktwerk wirkt hier fast schon erratisch, obwohl es bei genauerem Hinhören immer noch auf den Punkt gespielt ist. Krank zu wirken ist auch die Intention des Songs, was ja schon der Name vermuten lässt, aber da bin ich raus. Interessant ist das Ding ja, aber nichts, was ich mir öfter reinziehen würde. Im Großen und Ganzen verhält es sich mit "Unearthed" insgesamt ähnlich. Ich bin eher ein Fan des groovenden HM2-Death Metals und tue mich ganz persönlich mit solchen Werken etwas schwerer. Nichtsdestoweniger hat die Platte ihre Momente. Den größten Wow-Effekt hat "Onwards To Destruction" gehabt (zwei Mal, ich verrate jetzt nichts, die Band wird wissen, was ich meine). "Endtime" punktet mit wunderbar ausformulierten Spuren. "Seas Of Blood" ist, wie eigentlich der ganze Mittelteil des Silberlings, sehr intensiv. Selbst "Pathological Paradise" ist auf eine merkwürdige, morbide Weise schön - jedenfalls von innen. Und mit dem Cover "Another Antler" outen sich CASKET auch als PESTILENCE-Fans, ein schöner Abschluss.

Fazit

Brutale Sickos werden CASKET mit Sicherheit lieben, und ich kann auch wirklich nicht sagen, dass sie irgend etwas anders machen sollen. Wozu auch, wer seit 28 Jahren dabei ist, muss sich das nicht mehr erklären lassen! Deshalb habe ich mich in letzter Sekunde auch für ein Pünktchen mehr entschieden. Wäre ich nur nach meiner persönlichen Neigung gegangen, hätten CASKET für "Unearthed" einen Sechser kassiert, aber fairerweise muss man sagen, dass sie ihre Death Metal-Spielweise toll beherrschen, und mein Interesse haben sie auf jeden Fall geweckt. Was mir für eine Top-Wertung letzten Endes fehlt ist der Drang, "Unearthed" öfter auflegen zu wollen, und dazu braucht es mindestens einen Song, der sich so richtig im Hirn festbeißt. Den vermisse ich etwas, wobei "Onwards To Destruction" am ehesten ein Ohrwurm-Anwärter ist.

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