Syndemic

von Rüdiger Vinschen

Syndemic

Fotos: Thomas Sprenger

Dieses Interview stellt wohl gleichzeitig das lustigste, wie auch das besoffenste dar, das ich bis jetzt in meiner kurzen Hobby-Journalistenkarriere geführt habe. Es fand an einem Mittwochnachmittag auf dem Wackener Campground statt, nicht nur in Gesellschaft von jeder Menge Bier und einer sympathischen Hamburger Band, sondern auch scheinbar unter Teilnahme ständig wechselnder Gestalten. Meine anfängliche Bitte, die später schlecht auseinanderzuhaltenden Stimmen bei einer Wortmeldung jeweils mit dem eigenen Namen einzuleiten, sollten dieses Interview alsbald in die Kategorie „unnötig kompliziert“ katapultieren. Auch, wenn es im Nachhinein leicht möglich wäre, die Stimmen auf der Audio den korrekten Bandmitgliedern zuzuordnen, belassen wir es einfach dabei. Viel Spaß also mit dieser chaotischen Unterhaltung, bei der sich mal wieder die Frage stellt, wie man sich nur so hart gönnen kann.

 

Achim: Normal gewinnt der Automat! (Gelächter)

Rüdiger: Leute, saugeil, dass Ihr alle da seid! Der Gig von der Metal Battle ist durch, wie war's für Euch da oben? Von unten sah's geil aus. Und von der Bühne aus?

Achim: Ich hatte die ganze Zeit meine Micky Maus-Kopfhörer auf, und die sind komplett isoliert, also hab' ich irgendwie gar nichts mitgekriegt. Ganz am Ende musste ich die abnehmen, weil wir das Foto gemacht haben, und da hab' ich erst gecheckt, dass da sau-viele Leute sind. Da war ich kurz super aufgeregt, aber da war der Gig schon vorbei.

Rüdiger: Ernsthaft, wie viele Leute mögen das gewesen sein? Von unten kann man das nicht einschätzen.

Face: Weiß ich nicht, das Zelt war fucking voll!

Peter: Es war ein bisschen surreal.

Achim: Halt' mal Dein Gesicht näher an das Gerät.

Peter: Was willst Du?

Achim: Das geht schon. (Gelächter)

Stimme aus dem Off: Oje, das wird nix.

Peter: Das wird sau was! Nein, der Vorhang war halt zu, und wir waren beim Soundcheck. Dadurch waren wir auf der Bühne etwas isoliert, und auf einmal kam von der Seite Jeff Waters von ANNIHILATOR auf die Bühne, und Machine, der alles anmoderiert, und hat den kurz vorgestellt.

Syndemic im InterviewRüdiger: Ja, sonst haben die so'n anderen Typen, der im Bullhead City Circus alles anmoderiert, aber Jeff Waters ist ja dafür bekannt, Newcomer zu supporten.

Peter: Ja, ich hab' dann erstmal gerallt, was abgeht, als Jeff Waters angekommen ist und mir die Hand gegeben hat. Dann ging der Vorhang auf und man konnte nichts mehr sehen – Licht aus.

Rüdiger: Jeff hat Dir jetzt aber nicht noch 'ne Signature-Gitarre in die Hand gedrückt?

Peter: Leider nicht. Kommt vielleicht noch.

Rudolf: Ist aber auch als Bassist ein bisschen Scheiße.

Rüdiger: Wie, was, warum?

Rudolf: Hat mit dem hohen G zu tun.

Der Unbekannte: Ich hab' Dir gesagt, Du sollst Dich vor Achim in Acht nehmen!

Achim: Was?! Ich bin Achim!

Uwe: Aber ich bin doch schon Achim!

Rudolf: Halt's Maul, Ru... äh, wie hießt Du nochmal? (allgemeines Geguffel)

Rüdiger: Ich merke, Ihr wollt mich verwirren.

Various Artists: Niemals!

Lutz: Um auf Deine Frage von vorhin zurückzukommen, in das Zelt sollen angeblich 10.000 Leute reinpassen, und ich hatte das Gefühl, es war halb voll.

Diverse: Es war mehr als halb voll!

Syndemic im InterviewRüdiger: Wenn man's mal mit Eurem Gig im Auricher Schlachthof zum Beispiel vergleicht, ist das natürlich was völlig anderes, oder?

Achim: Hat sich auch anders angefühlt.

Gottfried: Ich hab' mit der Security geredet, und die meinten, es waren auf jeden Fall mehrere tausend Leute im Zelt.

Rüdiger: Das ist ja ein bisschen was anderes hier als in kleineren Clubs. Wie ist das auf der großen Bühne?

Rudolf: Man merkt's schon am Bühnensound. Alles läuft sehr viel professioneller ab. Du hast einfach einen richtig geilen Sound, und es stehen viel mehr Leute vor der Bühne.

Peter: Man fühlt sich auch als Basser mal ernstgenommen. (Gelächter) Ich hab' das alles noch gar nicht richtig verarbeitet, aber es sind auf jeden Fall Bilder, die man nicht mehr vergisst.

Hermann: Was trinkst Du?

Rüdiger: Weiß nicht. Irgendein Schwarzbier.

Peter: Im Gegensatz zu vielen anderen Bands haben wir ohne Intro direkt losgelegt, weil wir dachten: "Das muss sofort auf's Maul geben." Und es war sofort ein Circlepit zu sehen, das hatten wir auch bei so einem Riesenpublikum noch nie.

Achim: Übrigens, wir hatten auch unseren ersten Crowdsurfer.

Rüdiger: Na, Ihr macht ja eigentlich Melodic Death Metal, den ich persönlich eher als intellektuellen Metal sehe. Eher zum Zuhören als zum Abgehen.

Achim: Ja, ich würde sagen, auch zum Abgehen. Oder wenn Du abgehst, musst Du es schon kennen.

Rüdiger: Erwartet Ihr generell Pits von Eurem Publikum, oder ist das ein Sahnehäubchen?

Achim: Wir haben gelernt, dass viele Leute, die bei unserem Auftritt sich nicht bewegen und nicht abgehen, nachher trotzdem zu uns kommen und sagen "Boah, wart Ihr geil, gib mal ein Shirt und eine CD!" Irgendwann merkt man, dass man Mucke macht, die man sich anhören muss. Wenn wir in Hamburg spielen, ist das was anderes, weil die Leute uns kennen und sofort abgehen.

Rüdiger: Wenn man sich in Hamburg erstmal etabliert hat, hat man's geschafft, oder?

Rudolf: Ja, Hamburg ist schon ziemlich geil.

Stimme 1: In dem Sektor sind wir fast alleine und dadurch mittlerweile schon etabliert.

Syndemic im Interview

Rüdiger: Eure Musikrichtung ist aber auch ziemlich angesagt. Nehmt mal NAILED TO OBSCURITY zum Beispiel, die gerade ziemlich steil gehen...

Peter: Die sind ja auch richtig geil!

Rüdiger: ...und Euer Kram ist davon jetzt nicht so weit entfernt.

Achim: Wir haben schon gemerkt, als wir uns backstage kennengelernt haben, dass wir total auf unsere Mucke flashen.

Batman: Ich bin Batman. (Lachen aus dem Off)

Rüdiger: Ich hab' Euch total die Daumen gedrückt, als ich gehört habe, dass Ihr auf dem Dong für das nationale Finale gesetzt seid. Wie war's denn da?

Daniel: Es war sooo geil.

Rølfmir: Es war saukrass.

Achim: Mehrere Leute haben uns später gesagt, dass sie uns eigentlich sehen wollten, aber leider in der scheiß Schlange zum Einlass feststeckten.

Rüdiger: Die konnten Euch gar nicht sehen?

Achim: Nee, die standen irgendwie ewig in der Schlange!

Heinz: Es war aber ein saugeiles, familiäres Festival.

Rüdiger: Wie funktioniert das bei den Vorausscheiden? So wie hier, beurteilt Euch eine Jury?

Wildes Gewusel: Immer eine Jury. Nicht das Publikum. Schon eine Jury. Es sind immer Profis aus dem Musikbusiness. Das finde ich ehrlich gesagt auch ziemlich geil, weil Votingcontests oft ziemlich verfälscht werden, weil einige Bands ihre Kumpels mit Bussen rankarren. Dabei geht's eben darum, wie viele Leute Du an den Start kriegst. Hier geht's wirklich darum, was Du für Musik machst und wie Du die live hinkriegst. Ist das technisch gut gemacht, stimmt die Performance? Es geht dann nur noch um die Mucke. Man kann sich dann auch mal verzocken, aber die wissen, das kann passieren. Ist nur menschlich.

Syndemic im InterviewRüdiger: Das merkt man, wenn hier etwa eine Band spielt, die an sich als Band Scheiße sind, aber übel promotet werden und die Leute sind da. Das zieht.

Peter: Ich hab' das Gefühl, dass wir uns den Erfolg selbst erarbeitet haben, das ist ein geiles Gefühl.

Rüdiger: Das kann ich bestätigen, weil Ihr saugeil seid.

Achim: Das kann ich auch bestätigen!

Rudolf: Ja, weil ich uns selber ziemlich geil finden!

Batman: Das stimmt.

Rüdiger: Ihr habt vorhin erzählt, dass Euer Camp zum Teil abgesoffen ist. Ist's arg schlimm?

Achim: Wir hatten ein bisschen zu kämpfen mit dem Krieg von Gott, aber wir haben ihn besiegt.

Rüdiger: Welcher Gott?

Achim: Alle!

Ein Nerd: Gott hat übrigens nur einen Rüstungsdurchschlag von drei! (Lachen)

Achim: Genau, wir haben Stärke fünf, den haben wir richtig weggeballert.

Rüdiger: Immer diese Tabletop-Spieler.

Ein Nerd: Ich bin Nurgle, Du Spast! Zack!

Rüdiger: Fickt nicht mit ihm. Er verehrt den Seuchengott.

Achim: Zu spät!

Rüdiger: Um mal irgendwie in der Handlung weiterzukommen, was guckt Ihr Euch hier in Wacken noch an?

Achim: SHOWDOWN! BLACK DAHLIA MURDER, THE HAUNTED...

Stimme aus dem Off: Alles!

Horst: SYMPHONY X...

Syndemic - For Those In DesperationAchim: DER WEG EINER FREIHEIT, PANZERBALLETT... DER WEG EINER FREIHEIT sind einfach so geil. Es gibt Ranz-Black Metal-Bands, und es gibt technisch richtig gute Black Metal-Bands, die auch noch rar gesät sind, und die sind definitiv eine davon. Gib Dir die mal. Wir haben die auch über den Producer von unserem ersten Album, Eike Freese, kennengelernt. Daher kannten wir die ursprünglich.

Peter: Für unser neues Album sind wir weitergezogen zu Lasse Lammert (LSD-Studios, u.a. ALESTORM, SVARTSOT; Amn. d. Red.).

Achim: Da ist ein Sound bei rausgekommen, mit dem wir definitiv sehr zufrieden sind.

Rüdiger: Wann kommt's raus?

Robin: Wenn's fertig ist.

Rüdiger: Passt auf, ich muss derbe pissen, ich drück' jetzt auf Stop. Vielen Dank nochmal, haut rein, macht's gut, viel Glück für die Zukunft!

Achim: Das ist 'ne geile Idee!

(hier kollektives Plätschern einfügen)

Syndemic im Interview

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