Russkaja

von Rüdiger Vinschen

Russkaja

Das Interview führten durch: Lena Struck, Rüdiger Vinschen

RUSSKAJA sind sowohl ein Paradiesvogel, wie auch eine Institution in Wacken. Seit 2011 trifft man die lustige Truppe um den russischen Bären Georgij regelmäßig auf dem Wacken Open Air oder einem der verbundenen Events (wie dem Full:Metal:Mountain oder den Hamburg Metal Dayz) an – damit sind sie eine der ganz wenigen Ska-Bands, die es jemals in den Metal-Tempel Deutschlands geschafft haben. Sieht man sich an, welche Stimmung das Septett auf seinen Konzerten entfacht, wundert einen das nicht mehr. Die „kollektiv gefühlte Bewusstseinserweiterung“ (kurz KGB) zieht eben auch Metaller in ihren Bann. Ulrike und Georgij waren so freundlich, sich für einige unserer Fragen auf dem diesjährigen Wacken Open Air Zeit zu nehmen.

Rüdiger: Ich bin jetzt hier auf dem Wacken Open Air mit Ulrike und Georgij von RUSSKAJA, hallo Ihr zwei! Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt! Eingangs schonmal eine Frage an Dich, Georgij, das brennt mir die ganze Zeit schon unter den Nägeln. Wie viele Sprachen sprichst Du eigentlich?

Georgij: (lacht) So richtig spreche ich Russisch und Deutsch. Russisch ist meine Muttersprache, Deutsch ist nach 26 Jahren in Österreich zu meiner Muttersprache geworden. Ja, Englisch spricht man einfach, das braucht man nicht zu erklären, und Spanisch habe ich in der Schule gelernt, das war noch in der Sowjetunion. Seit wir so viele Konzerte in Spanien geben, habe ich die Sprache ein bisschen refreshed, davon kommt also wieder mehr zurück.

Rüdiger: Ihr spielt ja mittlerweile auch Songs auf Spanisch, nicht?

Georgij: Genau.

Russkaja - KosmopoliturboRüdiger: Ist auf "Kosmopoliturbo" auch wieder einer dabei?

Georgij: Ja, da haben wir auch einen spanischen Song, genau. "La Musica Es Nuestra Religion".

Rüdiger: Den habt Ihr vorhin beim Gig gespielt.

Georgij: Richtig. Angefangen haben wir mit "Peace, Love & Russian Roll", dann kam mit "Hey Road" ein Song vom neuen Album, gefolgt von einem Song mit Elektro-Einfluss, das war "Alive". Und dann haben wir wieder einige Klassiker gespielt, "Change" zum Mitsingen, und "Traktor" natürlich.

Rüdiger: "Rock’n’Roll Today" hattet Ihr auch dabei.

Georgij: Genau, "Rock’n’Roll Today", ja. Vom neuen Album kam dann unser erster Song auf Deutsch: "Volle Kraft Voraus". Der behandelt ein Stück weit die Seemann-Thematik. Was haben wir noch gespielt? Ah, "Hello Japan"!

Ulrike: Genau.

Rüdiger: War da ein bisschen was auf Japanisch dabei?

Georgij: Ja, ein paar Einflüsse, ein paar Zeilen. "Hito wa hito naka", aber frag mich nicht, was das heißt.

Rüdiger: Wird diese Vielsprachigkeit in der Musik immer mehr zum tragenden Konzept?

Ukrike: Da müssen wir uns nicht einschränken. Das könnten wir endlos so fortspielen, immer wieder ein bissel was Neues einfließen lassen.

Ulrike Müllner (Violine)Rüdiger: Man könnte ja schon sagen, dass Musik so etwas wie die universale Weltsprache ist. Findet Ihr, dass in unterschiedlichen Musik-Genres trotzdem unterschiedlich kommuniziert wird? Ich frage vor allem vor dem Hintergrund, dass Ihr in Eurer Musik viele Genres vereint. Das ist natürlich Ska, dann der russische Folk, Rock’n’Roll, manchmal geht’s auch ein bisschen in die härtere Richtung, Metal...

Georgij: Ja, ich glaube, die Musik von RUSSKAJA ist sehr kompatibel. Es ist jetzt zum Beispiel nicht Metal, was wir spielen, aber es hat diese Intensität, diese Energie. Wir haben vor kurzem auf einem Hip Hop-Festival gespielt, da haben die Leute uns so gefeiert (macht eine Rap-Handbewegung). Wirklich, tausende Hände so. Auf einem Reggae-Fest sieht das ganz anders aus.

Ulrike: Die Leute sprechen unterschiedliche Körpersprachen beim Mitschunkeln und Mitfeiern.

Rüdiger: Ja, das ist ja selbst im Metal so. Zwischen den Metalgenres gibt's da mitunter recht starke Unterschiede. Von Black Metallern kriegt man oft kaum mehr als ein Kopfnicken, und dann ist die Mucke schon richtig gut.

Georgij: Das ist bei denen die volle Extase, ja? (Lachen)

Rüdiger: Ihr seid jetzt schon ziemlich oft in Wacken gewesen, vier Jahre in Folge, dann kam eine kleine Pause…

Georgij: Naja, Pause kann man das nicht nennen. Es ist ja so, dass es noch viele weitere Veranstaltungen von den Wackenern gibt. 2015 waren wir hier nicht.

Ulrike: Da waren wir stattdessen auf der Full:Metal:Cruise, 2016 auf dem Full:Metal:Mountain und vergangenen Winter auf den Wacken Winter Nights.

Georgij: Wir sind eigentlich immer irgendwo dabei gewesen.

Russkaja im Interview

Rüdiger: Kann man sagen, dass Ihr durch Wacken in Deutschland groß geworden seid?

Georgij: Definitiv. Seitdem kommen deutlich mehr Rock- und Metal-Fans zu unseren Clubkonzerten. Das freut uns wirklich.

Rüdiger: In Österreich wart Ihr ja zunächst die Hausband von "Willkommen Österreich"?

Georgij: Sind wir immer noch. Seit zehn Jahren gibt es die Sendung, und wir sind ein unverzichtbarer Bestandteil davon.

Rüdiger: Kann man das denn gut mit den Tourplänen vereinbaren?

Ulrike: Ja, schon. Wir zeichnen immer am Montag auf, Montag ist ein eher untypischer Konzerttag. Wir fahren dann am Sonntag immer schon zurück, spätestens am Montagvormittag, wenn’s nicht anders geht. Das lässt sich schon vereinen. Und im Sommer, in der Festivalsaison, haben wir sowieso Sommerpause bei der Sendung, da geht’s erst im September wieder los.

Rüdiger: Habt Ihr daneben auch noch andere Projekte am Laufen? Georgij, Du hast zum Beispiel mal in Österreich in dem "Falco"-Musical mitgespielt, oder?

Georgij: Ja, das ist schon länger her. Aber ich bin immer wieder in verschiedensten Musicals aufgetreten, zur Zeit bin ich in einer Operette. Das ist "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach. Der berühmte "Cancan" kommt daher (gibt eine Kostprobe). Ich spiele den Jupiter, den Göttervater.

Ulrike: Ich habe auch noch andere Bands, aber im Moment am wichtigsten neben RUSSKAJA ist mein Soloprojekt, bei dem ich in eine ganz andere musikalische Richtung gehe. Das ist dann eher House und Elektro und so. Eigentlich hat jeder von uns noch ein paar andere Sachen, aber unser Hauptprojekt ist natürlich RUSSKAJA. Das würde sich sonst zeitlich nicht ausgehen, wir sind eben sieben Leute in der Band, und damit wir überhaupt bestehen können, müssen wir dem schon alles Andere unterordnen.

Georgij Alexandrowitsch Makazaria (Vocals)Rüdiger: Wie ist das heutzutage für Violinisten? Spielt man eher noch Klassik, oder gibt es mehr, die so direkt von der Klassik losgelöst sind und was Anderes spielen? Die Ausbildung ist doch bestimmt von der Klassik?

Ulrike: Die Ausbildung ist schon klassisch, damit fängt man auch an. Man braucht auch die klassische Technik, um am Ende gut spielen zu können, weil das Instrument doch nicht ganz so einfach ist. Man muss eigentlich als Kind damit anfangen, sonst ist es zu spät.

Rüdiger: Wie lange spielst Du schon?

Ulrike: Äh, seit ich sieben bin, da muss ich jetzt mal rechnen, wie lange das ist...

Rüdiger: Na, seit Du sieben bist, reicht uns ja, also seit ungefähr zehn Jahren. (alle lachen) Ok, wie geht’s weiter bei Euch? Ihr bleibt Wacken hoffentlich erhalten?

Georgij: Absolut, keine Sorge.

Rüdiger: Im Moment seid Ihr noch auf Festivaltour, und anschließend geht’s wieder auf Clubtour, richtig?

Georgij: Genau. Wir beginnen bald unsere Herbsttour mit dem neuen Album. Los geht’s in Amsterdam, danach kommen Österreich und die Slowakei dran, dann geht’s schon los in Deutschland, das ist im November und Dezember.

Rüdiger: Wie ist eigentlich Euer Standing in Österreich? Hat sich das über die Jahre auch geändert?

Georgij: In Österreich sind wir mehr durch die Late Night Show "Willkommen Österreich" populär geworden.

Rüdiger: Macht Ihr da eigentlich dieselbe Musik wie auf der Bühne?

Georgij: Es ist eigentlich, wie man das bei einer Late Night Show kennt. Wenn dann Gäste auftreten, spielst Du einen Jingle, das sind so etwa 15 Sekunden. Das Besondere an dieser Sendung ist, wenn musikalische Interviewgäste kommen. Dann bietet unsere Redaktion immer an, dass sie mit uns musizieren. Und da haben wir schon wirklich ganz tolle Kooperationen gehabt. Mit Helge Schneider, Herbert Grönemeyer, Udo Jürgens...

Ulrike: Dann mit Nena, mit Helene Fischer... (lacht)

Rüdiger: Sind das jetzt die, die Euch am besten in Erinnerung geblieben sind?

Georgij: Ja, mit Helge Schneider zum Beispiel haben wir nur noch durchgelacht. Es war auch total schön, mit Udo Jürgens zusammenzuarbeiten. Was hat Dir gefallen Ulrike, die Damen, nicht?

Ulrike: Ja, die Nena natürlich, sowieso.

Georgij: Sie nennt sich selber Rock-Oma, ja, das ist ja auch ganz toll, dass ihre Kinder in ihrer Band mitmachen.

Ulrike: Ja, ihre Tochter ist Backgroundsängerin, die war auch dabei.

Rüdiger: Bekommt Ihr darüber hinaus auch Reaktionen aus Russland?

Georgij: Ja klar, vor allem über die Social Media kommen immer mal positive und einladende Reaktionen. In Russland haben wir noch nicht gespielt, da sind wir aber für nächstes Jahr zum ersten Mal gebucht.

Rüdiger: Wäre das ein Traum von Euch, mal in einer Location direkt in Moskau zu spielen?

Georgij: Am Roten Platz, dann ja. (lacht)

Rüdiger: Einmal für den Präsidenten auftreten?

Georgij: Für den Lenin, wenn dann. Der liegt da ja immer noch. (alle lachen)

Lena: Also, das ist heute mein erstes Interview. Mich würde mal interessieren, wie für Euch Euer erstes Interview war. Wart Ihr aufgeregt?

Georgij: Ja, das erste Interview haben wir nur mit "Nein" und "Ja" beantwortet. (lacht)

Lena: Also habt Ihr auf "Ja"- und "Nein"-Fragen gehofft?

Georgij: Ja, nein und weiß nicht.

Lena: Das Wacken-Feeling findet ja auch auf den Campgrounds statt. Bekommt Ihr davon eigentlich was mit?

Georgij: Ich war bis jetzt immer im Camp, wir haben da ein paar Freunde aus Russland und der Ukraine. Die haben dort immer einen Stammplatz. Aber dieses Jahr habe ich es noch gar nicht hin geschafft, weil wir sehr viele Interviews haben. Eine russische Zeitung kommt demnächst noch. Schauen wir mal, vielleicht später in der Nacht noch.

Lena: Einen neuen Fan habt Ihr mit Eurer Show auf jeden Fall gewonnen, nämlich mich. Das war meine erste positive RUSSKAJA-Erfahrung, 2013 bin ich mal aus Versehen in "Traktor Traktor" reingeraten und wurde so mitgerissen, obwohl ich das gar nicht wollte.

Georgij: (lacht)

Rüdiger: Das war heute bei "Traktor" ja wieder super vorbereitet mit der "Mitte", was?

Georgij: Die Leute haben das selber gemacht. Die haben sofort reagiert, Wahnsinn.

Rüdiger: Ist das etwas, woran man sich nachher erinnert?

Georgij: "Traktor" ist natürlich immer ein imposantes Bild, wenn die Leute mitmachen. Auch, wenn die Leute alles rauslassen in den Kosmos, das ist ja irre. Die Hände in Wacken, die Stimmung, die Intensität, was da rüberkommt ist unbeschreiblich, einmalig.

Rüdiger: Ist es das, was Wacken ausmacht, diese Energie?

Georgij: Ja. Da wird man als Musiker regelrecht aufgeladen für das restliche Jahr. Das Jahr beginnt heute und hier.

Rüdiger: Ulrike Georgij, vielen Dank für dieses Interview und das tolle Schlusswort! Wir hoffen, dass wir Euch nochmal wiedersehen, bei einer Eurer Shows auf jeden Fall.

Russkaja

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