Morphelia

von Hans H.

Morphelia

1999 trafen sich Gitarrist Guido Fröhlich, Keyboarder Günter Grünebast und Schlagzeuger Elmar de Groot zu einer Jam-Session. 2001 kam Kurt Stwrtetschka zu der namenlosen Band hinzu. Nach vielen Diskussionen und einigen Kannen Tee und Kaffee einigte man sich auf den Namen MORPHELIA. Vor der ersten Scheibe "Prognocircus", die unter ihrem eigenem Label Vossphor Records erschien, stieß Tieftöner Renko Rickerts zur Band. Als Highlight ihrer Karriere kann man sicher denn Auftritt auf dem legendären „Prog-Farm-Festival“ in den Niederlanden bezeichnen, und die Aufnahme auf dem 10 Years of ProgFarm Sampler mit dem Song "On The Roof". Die Besetzung ist bis heute konstant und bietet hochkarätigen Prog-Rock-Metal. Jetzt, nach Ihrem letzten Album "Waken The Nightmare" von 2009, wird ein neues Album angekündigt. Ein Grund mehr, bei der Band nachzufragen, wie es läuft.


Hans: Moin Renko! Ich durfte Euch jetzt zweimal live erleben und musste feststellen, dass Eure Fangemeinde bis zu 700 km fährt, aber sehr wenige Fans aus den Raum Friesland kommen. Wie kommt das, sind wir Friesen noch nicht bereit für Eure Musik?

Renko: Moinsen Hans! Erst einmal vielen Dank, dass Du dieses Interview mit uns machst und auch, dass Du uns bereits mehrfach live gesehen hast. Es ist für uns schon eine tolle Sache, dass unsere kleine Band aus Ostfriesland Publikum zieht, welches 700 Kilometer und mehr auf sich nimmt, um uns live zu sehen. Da die Progrockszene in unseren Breiten leider nicht so groß ist, sind wir natürlich umso begeisterter, dass viele Leute solche langen Wege auf sich nehmen, um uns zu sehen. Ob unsere Landsleute nicht oder noch nicht für unsere Musik bereit sind, vermögen wir nicht zu beurteilen. Wir spielen ja auch keine Musik aus dem Mainstream, sondern möchten schon bewusst die ausgetretenen Wege und Pfade verlassen, um uns selbst auch immer wieder zu fordern und weiterzupushen. Es ist ja auch nicht unsere Intention, die Massen mit unserer Musik anzuziehen, sondern unsere Musik denjenigen zu präsentieren, welche sich hiermit auch befassen möchten und sich voll und ganz auf die Musik und die jeweilige Story einlassen. Daher sind wir schon gut gestellt, dass wir mittlerweile eine konstante Anzahl von Publikum zu unseren Konzerten ziehen. Aber sei ganz beruhigt, eine gewisse Anzahl von einheimischem Publikum ist eigentlich immer dabei.

Hans: Ist die kleine Fangemeinde in der Gegend auch der Grund, warum Eure Livepräsenz so gering ist?

Renko: Nein, nein. Unsere Live-Präsenz ist so gering, da wir alle MORPHELIA lediglich nebenbei, aber mit Herzblut betreiben. Wir alle haben feste Jobs, sind zum Teil selbständig, arbeiten zum Teil in Schichtarbeit. Da ist es schon schwierig, Termine hinzubekommen. Wir möchten sowohl live auf der Bühne als auch im Studio immer nur das Beste abliefern. Und das gelingt uns halt nur, wenn wir konzentriert an der jeweiligen Situation arbeiten.

Morphelia - Waken The NightmareHans: Zwischen den Veröffentlichungen Eurer Alben liegen fünf bis sechs Jahre. Seid Ihr außerhalb von MORPHELIA so ausgelastet, oder ist die Ausarbeitung der Songs so aufwendig?

Renko: Sowohl als auch. Wie bereits vorher erwähnt, sind wir alle beruflich sehr eingebunden. Da sind die für MORPHELIA freigehaltenen Zeiträume zum Teil schon spärlich gesät. Da wir dann auch immer den Anspruch verfolgen, nur das Beste abzuliefern, nehmen die Arbeiten an neuen Alben die genannte Zeitspanne in Anspruch. Wir machen MORPHELIA-Musik in erster Linie für uns, nur wenn wir tatsächlich mit den Musikstücken, mit dem Albumformat, dem Cover etc. zufrieden sind, werden diese veröffentlicht. Da keiner von uns mit MORPHELIA seinen Lebensunterhalt bestreiten muss und wir zudem mit MORPHELIA keinen Anweisungen von externen Plattenfirmen unterliegen, können wir uns diese Arbeitsweise leisten.

Hans: Ihr habt mit Vossphor Records ein eigenes Label gegründet, um unabhängig zu bleiben?

Renko: Genau das ist unser Ansatz. Wir haben mit Vossphor Records ein eigenes offizielles Label gegründet, um die komplette Kontrolle und die kompletten Rechte an unserer Musik zu halten, und um unabhängig auf dem Musikmarkt agieren zu können. Wir fünf treffen alle Entscheidungen in allen Belangen, MORPHELIA betreffend. Umgekehrt zahlen wir natürlich auch dann für alles, was in dieser Sache anfällt und erledigen sämtliche Arbeiten, welche neben dem Musizieren anfallen. Wir haben das große Glück, mit unserem zweiten Album „Waken The Nightmare“ weltweit Türen aufgestoßen und ein für unsere Verhältnisse sehr erfolgreiches Album vorgelegt zu haben. Über Vertriebspartner können unsere beiden bisherigen Alben mittlerweile weltweit erworben werden. Durch die Einnahmen aus diesen Verkäufen können wir es uns leisten, diesen unabhängigen Weg mit eigenem Label zu gehen. Auch ist es uns so mittlerweile möglich, Konzerte außerhalb unseres „Dunstkreises“ zu geben und beispielsweise Bühnen in Belgien oder auch in den Niederlanden zu entern. Diese Unabhängigkeit ist für uns sehr beruhigend.

Hans: Würdet Ihr auch andere Bands bei Vossphor Records aufnehmen?

Renko: Es war bereits einmal angedacht, weitere Acts auf unserem Label aufzunehmen. Da wir allerdings alle Arbeiten MORPHELIA und Vossphor Records betreffend selbst erledigen, ist es aus zeitlichen Gründen nahezu unmöglich, weitere Acts und Bands aufzunehmen. Wir sind uns mittlerweile einig, dass wir all unsere verfügbare Zeit lieber auf MORPHELIA verwenden, insbesondere wenn, wie momentan, ein weiteres Studioalbum ansteht.

Hans: Wie ist die Planung des kommenden Albums, wird es wieder ein Konzeptalbum mit Überlänge? Kurt hatte bei meinem letzten Treffen mit Euch schon Vorstellungen, aber war sich nicht sicher, ob das alles so von dem Rest der Band erwünscht ist.

Renko: Unser letzter Output „Waken The Nightmare“ ist ein Konzeptalbum im klassischen Sinne und war auch so von Anfang an konzipiert. Text und Musik ergeben ein Ganzes. Die Produktion dieses Albums (2 CDs, fettes Booklet, nobles DigiPack) war sehr umfangreich und fordernd, beispielsweise haben wir die musikalischen Themen direkt an die Story angepasst, Hauptthemen ziehen sich durch das gesamte Album, einzelne Themen tauchen wieder auf. Wir sind alle sehr stolz darauf, dieses Album herausgebracht zu haben. Wir wollen uns allerdings mit dem dritten Studioalbum nicht wiederholen und wollen definitiv kein „Waken II“ abliefern. Das kommende dritte Album wird somit kein Konzeptalbum im klassischen Sinne werden. Durch die Texte spinnt sich zwar ein roter Faden (Kurt beleuchtet die menschlichen Abgründe und deren Auswirkungen), die Musik wird aber nicht offensichtlich aufeinander aufbauen.

Hans: Sind schon Songnamen oder ein Albumtitel für das neue Album bekannt?

Renko: Es kursieren intern bereits Songtitel bzw. Arbeitstitel für die Musikstücke und für das Album. Wir wollen allerdings derzeit nicht mehr verraten, als dass wir auf unseren kommenden Konzerten einige neue Stücke vorstellen möchten. Wir haben ja auch bereits drei neue Stücke live ausprobiert und waren von den Reaktionen seitens des Publikums sehr angetan. Das hat uns definitiv bestärkt, in dieser Richtung weiterzumachen. Also, kommt zu unseren Gigs und genießt die Musik.

Hans: Ihr habt Songs mit einer Länge von über 20 Minuten. Wrkt das auf einige auch abschreckend?

Renko: Sicherlich können Längen von über 20 Minuten auf den ersten Blick abschreckend sein. Jedoch, wenn man sich als Hörer auf diese Stücke einlässt und sich intensiv damit befasst, vergeht die Zeit wie im Fluge. Und wenn wir die Sachen live auf die Bühne bringen, ist es eben so, dass wir die Leute auch etwas fordern möchten. Wir bieten nunmal kein musikalisches Fastfood, sondern wollen schon, dass man sich mit unserer Musik befasst. Aber keine Sorge, nicht all unsere Stücke sind mit Laufzeiten von über 20 Minuten gesegnet, wir haben auch “kurze“ Songs mit Laufzeiten von rund sieben Minuten im Programm.

Hans: Ihr seid dieses Jahr auf dem Northern Prog Fest in Siegerswoude, Holland, spielt Ihr bis dahin noch woanders?

Renko: Wir planen derzeit noch ein weiteres Konzert in unserem „Wohnzimmer“, dem Glashaus in Moorlage. Der Termin ist noch nicht festgeklopft. Also einfach unseren Newsletter auf www.morphelia.de bestellen und keine Konzertankündigung mehr verpassen! Da wir uns in diesem Jahr ansonsten voll und ganz auf unser neues Album konzentrieren wollen, wird es bei diesen zwei Gigs in 2014 bleiben.

Morphelia

Hans: Wie seid Ihr auf den Prog Sampler mit der „Singleauskopplung“, wie es Kurt immer umschreibt, gekommen?

Renko: Bedingt durch unseren Erfolg mit unserem Album „Waken The Nightmare“ sind wir mittlerweile nicht mehr nur auf dem eingangs erwähnten Sampler des ProgFarm Festivals vertreten, sondern auch auf Sampler CDs der führenden Progrock Zeitschriften in Deutschland, dem EMPIRE und dem ECLIPSED. Unser Beitrag für den ProgFarm Sampler ist live bei unserem dortigen Gig in 2005 aufgenommen worden. Mit den Titeln unseres 2009 veröffentlichten Albums „Waken The Nightmare“ haben wir es damals genauso gehalten wie jetzt mit unseren neuen noch unveröffentlichten Stücken, wir haben sie live und vor Publikum ausprobiert. Der Titel „On The Roof“ (veröffentlicht in 2009 auf „Waken The Nightmare“) war damals bereits in unserem Liveprogramm und hat die Organisatoren sowie das Publikum begeistert. Die auf den Samplern des EMPIRE und des ECLIPSED enthaltenen Musikstücke sind darauf zurückzuführen, dass beide Zeitschriften jeweils einen CD-Versand betreiben und unser Label Vossphor Records mit diesen Vertriebsverträge unterhält. Die von Kurt so genannte „Singleauskopplung“ ist bei uns ein bandinterner Joke, welcher auf den Song „In The Hall Of Stormy Oceans“ abzielt , welcher eine Laufzeit von rund 16 Minuten hat. Dieser war auf einem Sampler vom ECLIPSED zu finden, was sich sehr verkaufsfördernd ausgewirkt hat.

Hans: Wie entstehen bei Euch die Songs?

Renko: Unsere Musikstücke entstehen oft nach Skizzen bzw. Ideen zu Themen von einzelnen Bandmitgliedern, wobei die Ausarbeitung derselben ausschließlich in Teamarbeit erfolgt. Wir kommen nicht einzeln mit fertigen Songs in den Probenraum, sondern arbeiten Ideen gemeinsam aus. Die Themen und Texte entstehen gleichzeitig und wachsen mit. Wir haben festgestellt, dass diese Arbeitsweise für uns am effektivsten ist, da wir fast keinen Ausschuss an Musikstücken vorweisen können. Zu 99 Prozent sind alle Ideen ausgearbeitet, aufgenommen und veröffentlicht.

Hans: Das letzte Album war sehr aufwendig in der Verpackung. Digi-Pack, Doppel-CD mit Booklet und aufwendigem Cover Design, lohnt sich das noch im Mp3-Zeitalter?

Renko: Wir machen MORPHELIA-Musik in erster Linie für uns. Selbstverständlich freuen wir uns, dass so viele Leute unsere Musik mögen, gehen allerdings in MORPHELIA Dingen nicht mit irgendwelchen Moden, sondern setzen ausschließlich das um, was wir möchten. Da wir alle fünf nicht nur Musik machen, sondern auch viel Musik hören und allesamt umfangreiche CD- und Vinylsammlungen besitzen, war es für uns geradezu ein Muss, die viele Arbeit an „Waken The Nightmare“ als Konzeptalbum mit einem Digi-Pack und umfangreichem Cover zu krönen und unsere eigenen Ansprüche zu erfüllen. Wir wollen, wie bereits gesagt, immer nur das Beste herausbringen, da gehört nunmal eine ansprechende Verpackung dazu. Dies wird beim nächsten Album sicherlich nicht anders sein, so lieben wir es nun einmal.

Hans: Könnt Ihr aufgrund Eurer Songlänge als Vorband spielen?

Renko: Natürlich, kein Problem. Dies ist auch schon des Öfteren vorgekommen. Beispielsweise haben wir in Rüsselsheim für die italienische Progband „The Watch“ mit einem einstündigen Gig eröffnet und waren ebenfalls mit einem einstündigen Gig auf dem ProgResiste Festival 2013 in Belgien zu Gast. Wir sind in unserem Repertoire sehr flexibel und können auch alle von uns veröffentlichten Titel live spielen. Bei einem einstündigen Gig stehen dann zwar nur drei bis fünf Titel auf der Setliste, diese sind dann aber auch so ausgewählt, dass wir keine Kompromisse machen und in der jeweiligen Situation den besten Querschnitt bieten können.

Hans: Kurt erzählte mir, dass Ihr mit vielen Bands verglichen werdet, die Ihr nicht einmal kennt, was sind Eure Einflüsse und Helden?

Renko: Da wir alle fünf nicht nur Musik machen, sondern auch selbst begeisterte Hörer und Sammler von Musikkonserven sind, können wir mit einer enormen Bandbreite an favorisierten Bands und Künstlern aufweisen. Es gibt dabei nur wenige Bands, auf die wir uns alle fünf einigen können. Die kanadische Band SAGA ist hierbei beispielsweise zu nennen. Dann gibt es in der Band die Fans der klassischen Progbands wie GENESIS, YES, KING CRIMSON, aber auch Anhänger der härteren Fraktion wie beispielsweise DREAM THEATER oder auch METALLICA, Fans von Bands wie TOTO oder RUSH. Einflüsse aus dem Jazz und der Klassik runden hier das Bild ab. Die Mischung macht´s.

Hans: Was ist die Bedeutung oder wo kommt der Name MORPHELIA her?

Renko: MORPHELIA ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus Morpheus und Ophelia. Eine direkte Bedeutung hat „Morphelia“ nicht. Da ich als letzter zur Band gestoßen bin, kann ich festhalten, dass dieser Bandname mich von Anfang an fasziniert hat und für mich exakt der richtige Name für die Band und für unsere Musik ist.

Hans: Möchtest Du noch was loswerden, was Dir auf der Seele brennt?

Renko: Erstmal vielen Dank dafür, dass Du uns mit Konzertbesuchen, Deiner Arbeit in Deinem Heavy Metal Eck und diesem Interview unterstützt. Es hat uns alle sehr gefreut, Dich persönlich kennenzulernen und wir alle hoffen sehr, dass wir auch weiterhin in Kontakt bleiben und Du uns weiterhin als Konzertgänger erhalten bleibst. Wir möchten selbstverständlich allen danken, die unsere Musik mögen, uns durch CD- und Merchandising-Käufe unterstützen und uns so die Möglichkeit geben, weiterzumachen. Und alle, welche uns bisher noch nicht kannten, sind immer willkommen, sich über unsere Website, unseren Webshop oder aber auch direkt bei Konzerten an uns zu wenden. Sprecht uns einfach an, wir freuen uns auf Euch!

Hans: Ich bedanke mich für das Interview und ich freue mich auf Euer nächstes Konzert!

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