Doomed

von Jan-Dirk S.

Doomed

Heute steht eine musikalische Ein-Mann-Armee im Fokus unseres Interviews. Pierre Laube ist das Mastermind hinter dem Projekt DOOMED und hat auf eigene Faust sein mittlerweile drittes Album herausgebracht. Grund genug für uns, den musikalischen Recken der Verdammnis aus dem schönen Sachsen einmal näher kennenzulernen und ihm einige Fragen zu seinem Leben, seiner Kunst und den Dingen an sich zu stellen.



Jan-Dirk: Pierre, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, diese Fragen zu beantworten. Beginnen wir gleich mit der ersten: Woher nimmst Du Deine Inspiration?

Pierre: Schwer zu sagen. Mir scheint, meine Art zu denken und zu empfinden gibt mir so etwas wie eine inspirative Fährte vor. Ich nehme sie auf und verfolge sie wie ein Bluthund. Am Ende einer jeden Spur ist jeweils ein Song oder aber ein weiteres optisches Stück des Silhouetten-Puzzles entstanden. Ich lasse mich schnell von grotesken, aufreibenden oder kontroversen Zusammenhängen, Bildern, Themen und Geschehnissen inspirieren.

Jan-Dirk: Auf Deinen drei Alben liest man zwischen den Zeilen eine große Sehnsucht. Wonach sehnst Du Dich am meisten (musikalisch wie auch persönlich)?

Pierre: Persönlich sind es spontan zwei Dinge. Erstens: das Leben niemals loslassen zu müssen! Ich sträube mich aus unerklärlichen Gründen davor, mein irdisches Dasein irgendwann aufzugeben (ich weiß sehr wohl, dass es so kommen wird, folglich mutet das vielleicht etwas wundersam an...). Diese Angst ist häufig sehr präsent und treibt mich an, immer neue "Seelenanker" zu hinterlassen. Das alles ist kein egomanes Treiben, sondern viel mehr der Kampf darum, dableiben zu können. Ich habe oft die Vorstellung, an alle Stellen, an denen ich mich "verankern" konnte, irgendwann zurückkehren zu können. Ich habe keine Ahnung, wie und woher das kommt. Es klingt ein wenig strange, ich weiß. Da ich mich keinen institutionellen (Ver-) Fügungen unterwerfen möchte und nicht von einer überirdischen Führung ausgehen will, ist es also mein Bestreben, an dem festzuhalten, was ich sehen und spüren kann. Dem Hier und Jetzt! Die Seele schließe ich hier ein! Eine meiner größten Sehnsüchte ist also, nicht gehen zu müssen.

DoomedZweitens: Frieden! Dass die Kriege gegen die Unschuldigen ein Ende finden, sich die Kriegstreiber persönlich die Augen ausstechen und ihre unbeschreibliche Habsucht nicht länger zu Lasten anderer austragen! Ich schließe hier nicht nur menschliches Leben ein! Denn wer bestimmt, dass ein Menschenleben wertvoller ist als das eines 500 Jahre alten Baumes oder eines zwei Monate alten Kalbes? Die großen Propagandabücher der Hierarchien des Lebens? Fuck this! Eine blauäugige Vorstellung? Keinesfalls! Es geht ja um Sehnsucht, nicht um die Komplexität, die dieses Thema mit sich bringt. Wer jetzt denkt, dass das hier alles Hippie-Zauber und Gutmenschen-Kram ist, der irrt! Konflikte sind natürlich Bestandteil von Existenz. Und es ist paradox, fällt einem doch oft selbst kaum mehr ein anderes Mittel als das vermeintlich letzte ein, um eben diese globalen Konflikte zu beenden. Der Mensch hat offensichtlich weniger Vernunft als das Tier! Das zu unterstreichen bedarf keiner langen Recherche. Dennoch, jeder sollte sich einfach einmal die Frage stellen, unter welchen Umständen er sein Leben leben und sich selbst verwirklichen kann, so ihm denn der Sinn danach steht. Was erlaubt es uns, all das zu tun, was wir tun wollen? An welchen Orten können wir das? Wovor fliehen die Menschen? Einige Antworten sind schnell gegeben, andere versuche ich, wie Du bereits festgestellt hast, zwischen meinen Song-Zeilen und in ihnen zu finden.

Meine musikalischen Sehnsüchte hängen eigentlich unmittelbar mit meinen persönlichen zusammen. Meine musikalische Arbeit ist ein sehr großer Bestandteil meiner Persönlichkeit. Folglich wünsche ich mir, gehört und verstanden zu werden. Wenigstens aber, zum Denken anstoßen zu können! Was noch? Dass alles einfach im Fluss bleibt, dass ich das, was ich tue, unaufhörlich mit anderen teilen kann, meine Anker werfen und anderer Vibes in mich aufnehmen kann, so also auch deren Sehnsüchte kennenlernen und teilen kann. Ich sauge mich begeisternde oder mich nachdenklich stimmende Dinge auf wie ein Schwamm! Klar, DOOMED soll weiter live lebendig sein, dahingehend wachsen. Der unmittelbare Kontakt zum Zuhörer und Konzertbesucher ist mir sehr wichtig und hält unvergleichliche Momente bereit.

Jan-Dirk: Das Meer zieht sich wie ein roter Faden durch Deine Werke. Was bedeutet es für Dich und was verbindest Du mit dem Meer?

Pierre: Die See fasziniert mich. Ich fühle mich jedes mal geborgen und ehrfürchtig, wenn ich ans Meer fahre, werde ruhig und ausgeglichen, auch nachdenklich. Ich fühle mich aber frei. Schon als Kind war das so. Das Meer ist mächtig und sensibel zugleich, es ist ständig in Bewegung. Es ist schwer greif-, aber gut spürbar, kann zugleich Leben geben und nehmen. Viele Dinge, von denen wir nichts wissen, liegen noch in ihm verborgen. Ein wirkliches Mysterium und durch und durch irdisch!

Jan-Dirk: Wie würdest Du einem außenstehenden Interessierten Deine Kunst erklären (Artwork und Musik)?

Pierre: Doom Metal ist eines der extremsten und am wenigsten frequentierten Musikgenres. Dieses trägt jedoch nie einen elitären Schein und kann sich jedem erschließen, der Schwermut nicht als Last empfindet und Kraft nicht nur in Verbindung mit Geschwindigkeit sieht. Wer sich meiner Musik und ihrem Artwork öffnen kann, der kann sich womöglich in einigen meiner Ansichten bezüglich des Mensch-Seins widerspiegeln, mit provozieren und mit anregen, sich mit kontroversen Themen und dem Zeitgeschehen (nicht nur dem aktuellen) auseinandersetzen. Ich fordere mit meiner Musik zu aufrichtigem Denken und Empfinden auf! DOOMED ist aufrichtig und zielt darauf ab, dass sich der Hörer öffnet. Alles hat ein gewisses Konzept, bei dem Optik und Musik sehr eng miteinander verknüpft und mit Wiedererkennungswert versehen sind. Ich lege großen Wert darauf, dieses Konzept nicht aus den Augen zu verlieren und Veränderungen spannend – aber nicht zu groß – zu halten. DOOMED öffnet eine Art Parallelwelt, und ich lade dazu ein, in sie einzutreten, ihre Geschichten zu erleben und zu interpretieren, etwas mit nach draußen zu nehmen oder erneut einzutauchen und weiter zu suchen, Neues zu entdecken. Es sind jedoch keine Geschichten von Glückseligkeit und Harmonie, dessen sollte man sich bewusst sein. Ich erzähle von Abgründen, Verlusten, innerlichen Konflikten, Ängsten und Erfahrungen, dem Leben und Sterben, vielem mehr. Von Dingen, die viele von uns in sich tragen. Die Ausdrucksweise, textlich als auch musikalisch, ist nicht jedermanns Geschmack, aber sie ist unmissverständlich!

Jan-Dirk: Was sind Deine musikalischen Einflüsse?

Pierre: Der Old School Doom, Death und Thrash der späten 80er und frühen 90er Jahre. Die Zeit, in der der Metal mich in seinen Bann zog. Weiterhin klassische Komponisten aus verschiedenen Epochen und Regionen. Schostakowitsch, Bach, Prokofjew. Ich bevorzuge die minimalistischeren Stücke mit kleinerem Instrumentarium aber einprägsamen Charakteren und Melodien.

Jan-Dirk: Flechtest Du eigene Erfahrungen in Deine Texte, oder sind diese durchweg fiktiv?

Pierre: Natürlich. Aber ich mische meine eigenen Erfahrungen mit dem Fiktiven, um mir thematisch mehr Spielraum zu verschaffen und den Geschichten zumindest gedanklich mehr Platz einzuräumen. Letztlich sind Fiktion und Realität nicht so weit voneinander entfernt, wie es scheint.

Doomed - Our Ruin SilhouettesJan-Dirk: Wo siehst Du Dich und Deine Musik in zehn Jahren?

Pierre: Ich sehe mich innerlich an exakt derselben Stelle. Mit mehr Erfahrung – aber beiden Beinen fest auf dem Boden. Ich hoffe inständig, bis dahin nicht dem Wahnsinn anheim gefallen zu sein. Es ist manchmal ein schmaler Grat, und es würde allem einen Strich durch die Rechnung machen. Musikalisch kann man keinen Zeitraum von zehn Jahren voraussehen. Ich hoffe, dass ich weiter Weggefährten und Vertraute an meiner Seite haben werde, die DOOMED mit mir gemeinsam live umsetzen. DOOMED mache ich definitiv so lange, bis es ausschließlich mit Missachtung abgestraft wird oder ich physisch nicht mehr in der Lage bin, das zu tun. Immer, wenn meine Gedanken schwarz bluten, entsteht ein neues Stück von DOOMED, wenn es mir möglich ist, auch in zehn Jahren noch. Dann vielleicht erst recht! Welche musikalischen Projekte ich sonst noch bis dahin angepackt habe? Wer weiß? Ich bin selbst gespannt.

Jan-Dirk: Wie wird sich Deiner Meinung nach das Genre Metal in der nächsten Zeit im Allgemeinen wandeln?

Pierre: Ja, wie fast alles, so unterliegt auch das Metal Genre einem Wandel. In mir verhärtet sich zunehmend der Eindruck, dass sich einige Bereiche des Metal weit weg von ihren Roots bewegen, bzw. die urtümlichen Vibes durch Mode und Maskerade ersetzt werden. Der aufrichtige Protest spielt (je nach Richtung) immer weniger eine Rolle. Einige neue Subgenres (sie sind es womöglich längst nicht mehr) kommen weniger aus den sozialen und politischen Brennpunkten, sondern zunehmend aus der "Upper Class". Die bunt bemalten Kids der sauberen Mittelschicht machen jetzt Mode, tragen Mode und spielen Mode. Extrem ist deckungsgleich zu Pop- und Partykultur und absolut massentauglich, die Superlative zum Standard geworden. Dagegen verwehre ich mich! Man sollte mich an dieser Stelle nicht falsch verstehen. Ich bin definitiv nicht gänzlich intolerant und freue mich für jeden, der seinen Spass an etwas wie Musik hat, und natürlich will ich hier nicht jedem die Aufrichtigkeit gegenüber seiner Richtung absprechen. Aber vieles, was seit einiger Zeit schon im Metal passiert, ist von meinem Empfinden dem Metal gegenüber weit entfernt. Ich bin zugegebenermaßen nicht gewillt, mit der Zeit zu gehen! Ich möchte genau das Feeling in mir bewahren, das ich in den ersten Metal-Jahren in mich aufgenommen habe. Mir ist durchaus bewusst, dass es ein Relikt ist und andere Zeiten eben andere Strömungen aufgreifen, ja das auch brauchen! Auch die Old Schooler nehmen sich nicht mehr immer so ernst wie in ihren Anfangstagen. Trotzdem: eine Grundhaltung bleibt! Vielleicht bin ich ja selbst einfach nur ein Relikt längst vergangener Zeiten. Ich schließe das hier einfach mal mit ein. Aber ich mag es so und ich bin im Zweifelsfalle ja nicht allein.

Jan-Dirk: Was ist Deine Vorstellung von einem gelungenen Abend?

Pierre: Da gibt es zwei Varianten. Ein gelungener Abend ist zum Beispiel sehr ruhig, mit sehr wenigen Leuten um mich herum. Ich mag es sehr, allein zu sein oder die Zweisamkeit mit meiner Freundin zu genießen. Es tut mir oft gut, nicht reden zu müssen. Dann braucht es vielleicht ein paar Dinge, die die Fantasie anregen und einen fordern, ein intensives RPG zum Beispiel (wir lieben die großen Geschichten von beispielsweise The Witcher, Dragon Age oder den Elder Scrolls Teilen u.v.m.), gute Musik. Kein Fernsehen! Ich habe seit Jahren keinen Fernseher mehr. Natürlich ist es auch genial, einen Abend an einem Ort seiner Wahl zu verbringen, z.B. irgendwo auf einem Fjell oder an der See. Beides leider sehr weit weg. Ruhe und Ausgeglichenheit sind definitiv die Schlagworte und fürs Erste essentiell für einen gelungenen Abend.

Dann wäre da noch die Variante mit ein paar Leuten mehr, Freunden und Menschen, die einem sympathisch und wohlgesonnen sind (man trifft ja immer wieder auch neue und höchst angenehme Zeitgenossen). Alles in einem möglichst kleinen Rahmen. Vielleicht ein Konzertabend mit der DOOMED Crew und einem gelungenen Gig? Das hab ich die letzten Male sehr genossen, auch wenn mir doch vorher jedes Mal der „Arsch echt auf Grundeis geht“! Generell bin ich unter keinen Umständen für Familienfeiern, Geburtstage, Partys, Festivals oder sonstige Massenaufläufe gemacht. Es dauert geschlagene fünf Minuten, und ich stehe nur noch apathisch in der Gegend herum oder werde wirklich unangenehm. Ich habe gelernt, mich konsequent Situationen zu entziehen, deren Rahmen mir nicht passt.

Jan-Dirk: Was kannst Du Dir musikalisch überhaupt nicht vorstellen?

Pierre: Metalcore, Schlager und Spring Break-Untermalung!

DoomedJan-Dirk: Mit wem würdest Du gerne einmal zusammenarbeiten?

Pierre: Ich habe mir ja bereits ein paar Träume und Wünsche verwirklichen können. Pim Blankenstein (O.T.), Andreas Kaufmann (HATESPAWN), Grimo (CYTOTOXIN) und die bezaubernd bestialisch klingende Anny Bauermeister. Ich würde wahnsinnig gern einmal mit Ed Warby zusammenarbeiten, ich traute mich bisher noch nicht, ihn zu fragen, ob er sich womöglich vorstellen könnte, auf dem vierten DOOMED Album in einem Track mein Gast am Mikrofon zu sein. Es ist ja noch eine ganze Weile hin. Ehrlich gesagt hab ich ein wenig die Hose voll. Aber ich werde ihn einfach mal anhauen! Er hat ja schon Pim für unseren gemeinsamen Track recordet. Ich habe wirklich eine Riesenehrfurcht vor diesem Kerl und schätze seine Art, die Dinge anzugehen, letztlich natürlich seine Ergebnisse. Seit vielen, vielen Jahren. Dann wäre weiter zu träumen, dass sich beispielsweise Karl Willets (ich würde auf die Knie fallen – aber an den ist nicht ranzukommen), Emel Mathlouthi und Anneke van Giesbergen einreihen. Ganz bescheiden, was? Aber Hand aufs Herz – es geht hier nicht um Status oder irgendeinen Quatsch, sondern exakt um das, was diese Leute tun und wie sie es tun. Ich bin einfach begeistert von ihnen. Doch natürlich schweben mir auch noch eine Reihe anderer Musiker vor. Naja, vielleicht würde sich der eine oder andere ob meiner Frage auch einfach nur an den Kopf greifen. Schauen wir mal.

Jan-Dirk: Welche Doom-Kombo (außer Deiner eigenen, versteht sich) willst Du der großen weiten Welt noch ans Herz legen?

Pierre: COLOSSEUM! Leider löste sich diese finnische Funeral-Truppe 2010 mit dem Tod von Juhani Palomäki auf. Das letze Album erschien 2011. Dennoch: Was man auf Chapter 1 bis 3 zu hören und spüren bekommt ist einfach nur der Inbegriff von Doom. Ich trete völlig weg, wenn ich das eine Weile lang höre. Danke Jungs an dieser Stelle und ein Jammer, dass ihr nicht weiter macht!

Jan-Dirk: Für wann ist eine Tour geplant? Und wo führt diese hin?

Pierre: Es ist derzeit keine Tour geplant, dafür einzelne Konzerte. Wir starten im Herbst und Winter wieder live mit Gigs in Leipzig (mit OPHIS und MARCHE FUNEBRE) und Lugau (mit OFFICIUM TRISTE und SUFFER YOURSELF), sind mit den Mates vom FROM DUSK TILL DOOM in Belgien in Kontakt und strecken einfach weiter unsere Fühler aus. Vielleicht ergibt sich ja mal was in Spanien, oder wir können erneut ins Baltikum fahren. Das wäre großartig! Wir freuen uns über jede Einladung, kein Weg zu weit!

Jan-Dirk: Die Welt befindet sich stetig im Wandel. Ein kluger Geist sagte einst, dass nichts so beständig ist, wie eben dieser Wandel. Was bedeutet dieses augenscheinliche Paradoxon für Dein Leben?

Pierre: Der kluge Geist hatte sicher Recht! Das ist nicht nur global zu betrachten. Auch das einzelne Leben ist in stetem Wandel. Leben ist Veränderung, und man sollte das verinnerlichen und akzeptieren, so man die Möglichkeit hat, das auch auszukosten. Veränderungen akzeptieren – vielleicht sollte man das niemals leichtfertig tun. Aber man sollte versuchen, sich nicht von erdrückender Schwere die Sicht nehmen zu lassen. Das ist hart, und alles andere als leicht umsetzbar, manchmal vielleicht auch unmöglich. Einige Dinge hat man nicht in der Hand, sie sind inakzeptabel und trotzdem geschehen sie. Manche Dinge aber hat man in der Hand, und auch sie geschehen! Andere wiederum sind nur schwer beeinflussbar. Eine Linie inmitten seiner persönlichen Geschichte und dem damit unmittelbar verbundenen Wandel zu erkennen, ja gar zu halten, das ist eine schwere Aufgabe. Jetzt, nach 38 Jahren, ist mir sehr bewusst, dass das der Lauf der Dinge ist. Ob man irgendwann einmal an diesem Wandel krankt, zerbricht oder ihn meistert und als Gewinn sehen kann? Sicher eine sehr individuelle Frage. Wandel ging noch nie auch immer zwangsläufig mit Progress einher.

Jan-Dirk: Wo machst Du am liebsten Urlaub?

Pierre: In Norwegen. In den Bergen, Wäldern, Hochebenen und natürlich am Meer. Generell jedoch in stillen Gegenden mit sehr wenigen oder keinen Menschen. Mir ist die Gesellschaft der Tiere und Pflanzen oft lieber! Der eine oder andere wird sich jetzt vielleicht fragen: "Was ist los mit dem Kerl? Is' der 'n Druide oder sowas?" Ein lachendes Nein! Weit gefehlt! Ich fühle mich so aber einfach am wohlsten. Ich habe mindestens den halben Tag beruflich bedingt Menschen um mich herum, auch nicht gerade die einfachsten.

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Jan-Dirk: Gibt es Missstände, auf die Du mit Deinen Werken besonders aufmerksam machen willst?

Pierre: Die Welt besteht natürlich nicht ausschließlich aus ihnen, aber sie ist voller Missstände. Es sind einfach zu viele, um einzelne als besonders zu markieren. Ich würde an dieser Stelle vorschlagen, eine CD zu kaufen, in den Texten zu stöbern und zu schauen, mit welchen Kalamitäten ich mich bereits versucht habe, auseinanderzusetzen. Ich habe ja quasi gerade erst damit begonnen, aus meiner Sicht verschiedene Dinge zu beleuchten. Da kommt noch einiges!

Jan-Dirk: Welche Dinge machen Dir Mut und/oder geben Dir Kraft?

Pierre: Vertrauen und Zuverlässigkeit, Offenheit und der Austausch von Kreativität in Verbindung mit dem gewissen Feuer, das man dabei spürt. Aufrichtigkeit. Natürlich gibt es auch Kraft und Mut, wenn man in seinem Tun bestätigt, bestärkt und frequentiert wird. Ich bin dafür sehr dankbar! Ich persönlich brauche keinen, der mir nach dem Mund redet oder der sich auf alles einlässt, was ich ausspucke. Aber wenn man sich gegenseitig wiederfindet oder an bestimmten Stellen trifft, sich austauschen und das auch wahrnehmen kann, dann macht auch das Mut und gibt die Kraft, den eigenen Motor weiter laufen zu lassen.

Jan-Dirk: Magst Du große musikalische Veranstaltungen, oder favorisierst Du eher kleinere Events (privat wie auch als Künstler)?

Pierre: Ich liebe kleine Events. Clubs und kleinere Veranstaltungen sind mir privat am liebsten. Ich möchte nahe dran sein, nicht 15 Meter vor der Bühne hinter einem Stahlgraben und alles über riesige Monitore sehen. Clubs und kleine Bühnen geben ein unvergleichliches Feeling her und haben eine ganz eigene Dynamik. Ich denke, dass ich das auch als aktiver Musiker bevorzuge.

Jan-Dirk: Was machst Du neben dem Musizieren noch in Deiner Freizeit?

Pierre: Naja, ich habe vermutlich einen gewissen Draht zur Kreativität. Musik und alles, was damit zusammenhängt, macht definitiv den Großteil meiner Freizeit aus. Trotzdem fällt mir neben der Musik auch immer etwas Neues ein. Mal werkel ich an irgendwelchen Holz- oder Papiersachen, ich mache Designs im Photoshop und all sowas. Ich kann den Zustand von Leerlauf und Langeweile eigentlich kaum ertragen, bin innerlich manchmal auch ziemlich gehetzt (siehe "Restless" auf dem Album "In My Own Abyss"). Aber wie bereits erwähnt, die Dinge müssen auch immer mal wieder ruhig angegangen werden. Ich muss mich da oft disziplinieren (lassen). Dann geht's ab in die Natur, einfach mal ein Stück weit weg, oder ich tauche auch schon mal in ausgesuchte virtuelle Welten ab. Auch das regt die Phantasie an und entspannt ungemein. Wenn man es denn nur zu betrachten weiß!

Jan-Dirk: Welcher Profession gehst Du nach?

Pierre: Ich arbeite seit 13 Jahren in der Sozialpsychiatrie. Ausschließlich mit chronisch psychisch Kranken.

Jan-Dirk: Arbeitest Du schon an neuem Material? Wenn ja, wann dürfen wir dieses an unsere Ohren lassen?

Pierre: Nein, ich brauch erst mal etwas Abstand und muss auftanken. Die Zeiten waren gerade etwas turbulent und haben Ressourcen gezogen. Mit DOOMED hatte das aber nichts zu tun. Ich möchte ein wenig zur Ruhe kommen und mich sammeln. Ich brauche wieder ein wenig Ordnung im Kopf, möchte mich zunächst mit meinen Mates auf die Livearbeit konzentrieren. Einige kurze Abrisse von Riffs und Melodien gibt es schon, aber das sind nur Fragmente. Ich lasse eigentlich keine noch so kleine Idee versacken und pfeife, klopfe oder gröle einfach alles in den Recorder meines Handys. Das ist extrem hilfreich, denn die eine oder andere Idee kommt einem doch – ganz unspektakulär – an den unmöglichsten Orten. Und da mein Gedächtnis im Laufe meines ruhelosen Daseins doch schon echt Schaden genommen hat, wären viele von ihnen einfach unwiederbringlich verloren.

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