Der Ferdl

von Hans H.

Der Ferdl

Am 31.Juli 2015 tauchte "Der Ferdl" auf Facebook auf und karikierte den Heavy Metal-Fan. Ferdl ist ein dicklicher, überzeugter Metal-Fan, der sehr bewandert in der österreichischen Metalszene ist. Er macht sich über T-Shirts anderer lustig: "Dein T-Shirt ist lächerlich", so sagt er, und hat ein Manowar-Shirt an mit dem Aufdruck "Body Of Steel", er macht bei Umfragen mit: "Wie wichtig sind Ihnen Haarpflege-Produckte, auf einer Skala von eins bis TWISTED SISTER?". Hinter dem kauzigen Metaler steckt Thomas Glettler aus Graz. Ob er selber Metaler ist, woher er seine Inspirationen hernimmt, versuche ich in einem kleinen Interview zu klären.

Hans: Moin und grüß Gott! Bist du Metaler? Und wie ist Dir die Idee gekommen, Ferdl zu erschaffen?

Thomas: Hallo, servus! Na, wenn ich mich jetzt als Nicht-Metaler outen würde, gäbe es da sicherlich ein paar Leute, die mich mit den Stelzen nach oben aus dem nächsten Fenster hängen würden, hahaha. Aber diese Gefahr besteht zum Glück nicht – ich bin seit Ewigkeiten metalbegeistert, war früher selbst mit einigen Bands unterwegs und versuche bis heute, mich immer am letzten Stand zu halten, in der Szene aktiv zu sein, Konzerte mitzunehmen. Der Ferdl war also eine ziemlich logische Entscheidung. Ich zeichne, seit ich denken kann, nicht nur, aber am liebsten Comics, und vor ca. vier, fünf Jahren hat sich eben diese damals noch namenlose Figur entwickelt. Ich hatte einfach Lust, etwas in dieser Art auszuprobieren: etwas Kompaktes, total Reduziertes und Vereinfachtes, das immer in kurzen Ausschnitten eine insgesamt längere Geschichte, Reise oder eben Figur beleuchtet. Herauszufinden, ob und wie so etwas funktionieren kann, war sehr spannend, dass es sich aber nur um etwas drehen kann, was mir selbst am Herzen liegt, war recht schnell klar: einen Typen, der Metal hört. Passt! Alles andere ergab sich nach und nach.

Hans: Du hast einige spezielle Bands wie BÄD HAMMER, REST IN FEAR oder EBONY ARCHWAYS aus Östereich in den Comics. Bist Du befreundet, oder nur ein Fan der Bands?

Thomas: Diese drei Bands im Speziellen kommen ja alle aus meiner Heimatstadt Graz. Hier gibt es eine extrem vitale und, gemessen an der bescheidenen Stadt-Größe, riesige Rock- und Metal-Szene. Da kennt man sich schon mal, entweder direkt oder über ein paar Ecken, war schon mal bei 'nem Gig oder hat gar zusammen gearbeitet. Wenn dann auch noch die Chemie stimmt, dann ist eine Kooperation natürlich nur logisch. Ich stehe aber generell mit vielen geilen Bands in sehr gutem Kontakt. Das ist mir sehr wichtig, weil ich den Ferdl auch als Mittel sehe, der Szene etwas zu geben, Impulse, vielleicht ein bisschen Zusammenhalt. Also kurz gesagt: manchmal bin ich Freund, Fan bin ich immer.

Der Ferdl

Hans: Ist das auch eine Form von Promotion-Arbeit?

Thomas: Hmm, ich zögere hier ein bisschen, weil der Begriff „Promotion“ ja hin und wieder einen seltsamen Beigeschmack hat – als würde es sich um Werbung handeln. So würde ich es aber auf keinen Fall sehen. Das ist mir deswegen wichtig, weil der Ferdl eben keine Werbefigur ist: der macht nicht heute Sendung für BÄD HAMMER, morgen für eine Biermarke und übermorgen für Red Bull, haha. Es wird auch kein Genre oder keine Band bevorzugt. Wenn der Kontakt zustande kommt, ich der Meinung bin, das passt mit dieser oder jener Truppe und die vor allem auch Bock hat, nicht nur etwas für ihr eigenes Ding, sondern für die ganze Szene zu tun, dann gibt’s eben einen Ferdl-Strip. Und wenn der vielleicht ein paar Leuten gefällt, der Band und natürlich auch dem Ferdl zu ein bisschen Aufmerksamkeit verhilft, dann bin ich zufrieden.

Hans: Die Ferdl-Fans haben sich auf Facebook schnell vermehrt! Bekommst Du auch mal Kritik zu hören, oder können Metaler über sich selber lachen?

Thomas: Also dass Metaler über sich selber lachen können, kann ich auf jeden Fall mit einem klaren JA beantworten – Gott sei Dank! Sonst würde der ganze Comic ja von vorn herein nicht funktionieren. Die paar Male, wo es negatives Feedback gab, kann ich glücklicherweise an einer halben Hand abzählen. Dabei ging es diesen Leuten aber nie darum, etwas wirklich zu kritisieren, sondern einfach aus der vermeintlichen Anonymität heraus irgendwo ihre Scheiße abzuladen. Kennt man hier auf Facebook ja mittlerweile allzu gut. Zu 99,9% ist der Zuspruch großartig, und ich bin ehrlich dankbar für absolut jeden einzelnen Klick, Like, Kommentar - vor allem, weil ich nie damit gerechnet hätte, dass der Ferdl irgendjemanden interessiert. Das ist bei all dem investierten Herzblut wirklich schön zu sehen. Vom riesigen Support so vieler netter Leute mal ganz zu schweigen!

Hans: In einem Sketch möchte Ferdl METALLICA in die Zeit um 1988 reisen lassen, ist das auch ein heimlicher Wunsch vom Zeichner?

Thomas: Naja, sagen wir so: mir würden da andere Bands einfallen, wo ich’s mir eher wünschen würde, haha. Ich selbst bin gar nicht der Über-METALLICA-Fan, sondern war immer eher im MEGADETH-Lager. Natürlich: jeder, der Metal hört, der mag auch einiges oder gar alles von METALLICA. Ganz klar, ich auch. Aber das viel interessantere ist, dass ausnahmslos jeder eine spezielle Meinung zu METALLICA hat! Diese mittlerweile ziemlich alte Thematik gehört zu unserem Genre dazu, wie der Senf zur Wurst: ein Fixpunkt bei jedem Metal-Stammtisch! Genau das mit dem Ferdl aufzugreifen, hat großen Spaß gemacht. Zu diesem Strip gibt es aber auch eine Anekdote: In Wahrheit habe ich ja kompletten Scheiß gebaut, denn 1988, wo die Zeitreise hingehen soll, war Cliff Burton ja schon zwei Jahre tot. Ein lässiger Typ und eingefleischter METALLICA-Fan hat den Strip dann gelobt und geteilt, mich aber auch darauf hingewiesen, wie blasphemisch das wäre. Daraus hat sich ein tolles Gespräch ergeben, in dem ich mich für meinen Fehler entschuldigt habe. Wir haben uns ein wenig unterhalten, uns ausgemalt, wie man zurückreisen und das Unglück verhindern könnte. Es wurde richtig sentimental. Ein toller Augenblick – zu erleben, wie eine simple, kleine Comic-Geschichte solche Momente schaffen kann.

Der Ferdl

Hans: Ich habe gesehen, dass Dein Comic seit neuesten in Zeitungen erscheint. Wie viele Zeitungen sind es? Und wie kam es dazu?

Thomas: Es sind ein paar spannende Dinge in Planung, was das betrifft, es gibt einige Kooperationen mit Webzines und anderen Partnern, aber aktuell ist der Ferdl nach wie vor ein reines Web-Comic. Vor kurzem gab es einen tollen Artikel in der Kleinen Zeitung, einem der größten Blätter hier in der Steiermark, für den ich einen eigenen Strip gezeichnet habe, aber das war eine einmalige Sache für diesen speziellen Anlass.

Hans: Hast Du schon einen Masterplan, wohin es mit Ferdl gehen soll? Vielleicht in gedruckter oder animierter Form, Merchandise?

Thomas: Einen konkreten Plan gibt es nicht, auch wenn man natürlich über dieses und jenes nachdenkt. Im Moment ist es das Wichtigste, die Bekanntheit weiter zu steigern, den Leuten den Ferdl näher zu bringen, vielleicht den einen oder anderen Kontakt zu knüpfen und weiterhin neugierig zu bleiben, was die Leute einem mit ihrem Feedback mitteilen. Mal sehen, wohin die Reise geht. Ich bin für alles offen!

Hans: Hast Du Angst, dass Dir die Ideen ausgehen könnten?

Thomas: Natürlich. Dieses Gefühl kennt, glaube ich, jeder, der irgendetwas Kreatives macht – sei’s Musik, Schreiben, was auch immer. An manchen Tagen läuft es eben super, dann kommen wieder Tage, an denen du glaubst, die Luft ist draußen. Aber da muss man eben durch und dann geht’s wieder. Das hat auch viel mit Disziplin zu tun. Du musst dir im Klaren darüber sein, dass dir nicht immer alles von selbst zufliegt, sondern erarbeitet werden muss. Auch wenn das manchmal hart ist.

Der FerdlHans: Bist Du Ferdl?

Thomas: Haha, die Classic-Frage. Nein, nicht wirklich. Bis auf die "rein zufällige Ähnlichkeit zu lebenden Personen" sind wir tatsächlich recht unterschiedlich. Ich würde ihn höchstens als eine Art Alter Ego bezeichnen.

Hans: Möchtest Du noch was loswerden?

Thomas: Ja! Danke für das schöne Interview. Und leistet bitte auch weiterhin so tolle Arbeit!

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