Décembre Noir

von Sascha S.

Décembre Noir

Sascha: Moin auch, würdest Du Dich und Deine Band einmal kurz vorstellen bitte?

Sebastian: Hey Sascha, ich bin Sebastian Görlach, Gitarrist von DÉCEMBRE NOIR, einer Melancholic Doom / Death-Band aus Erfurt in Thüringen.

Sascha: Euer Debüt ist ja nun schon einige Zeit auf dem Markt. Seid Ihr immer noch zufrieden mit "A Discouraged Believer"?

Sebastian: Oh, einige Zeit hört sich an wie Mitte der Neunziger. Grandiose Zeit, in die das Album auch gut gepasst hätte. Es ist nun ein Jahr vergangen, und wir sind auf jeden Fall noch sehr stolz darauf. Das wird sich bestimmt auch nicht ändern, obwohl das nächste Album schon in den Startlöchern steht. Aber ich muss für meinen Teil zugeben, dass ich mir die Songs nicht sehr oft anhöre und eher am Livespielen meinen Spaß habe. Aber bei dem einen oder anderen der Band rotiert sie, glaube ich, öfter mal im Player.

Sascha: Wie sind die Verkaufszahlen so? Hat jeder von Euch schon 'nen Porsche?

Sebastian: Haha, ich glaube, da sind wir nicht nur zur verkehrten Zeit unterwegs, sondern machen auch noch die verkehrte Musik. Da muss man wohl realistisch an die Sache rangehen, und wenn man es nicht von Anfang an war, wird einem nach 15 Minuten nach DÉCEMBRE NOIR googeln und 15 gefundenen Portalen zum kostenlosen Download klar, das mit dem Porsche wird nix. Aber wer da wirtschaftlich denkt, macht wohl beizeiten das Buch zu. Von dem, was wir für die Aufnahme bezahlen, kaufen sich andere einen Kleinwagen, und das Geld kommt nicht wieder rein. Der einzige Trost ist, das Geld ist bei beidem weg, nur dass man Songs von uns noch in hundert Jahren hören kann, wenn man denn will. Das sollte Ansporn genug sein. Es ist unsere Leidenschaft, und die richtet sich nicht nach dem Verkaufswert. Dann müssten wir jeden Song so anpassen, dass er sich verkauft.

Décembre Noir - A Discouraged BelieverSascha: Gleich bei Ricos F.D.A. Rekotz unterschreiben zu dürfen, ist ja schon 'n bisschen was. Wie läuft die Zusammenarbeit und wie kam es eigentlich zu dem Deal?

Sebastian: Da war wohl die Sache "der kennt den, der den kennt" im Spiel. Die Jungs von DESERTED FEAR sind mit Lars, unserem Sänger, bekannt und waren der Meinung, unsere Musik ihrem Label vorzustellen. So hörte sich Rico einen Live- Mitschnitt von uns an und sagte ja. Sein Motto war bei uns, wir sollten uns Zeit nehmen und die Sache gut machen. Das war sehr angenehm. Wir haben in allem freie Hand und schweben ein bisschen am langen Zügel, aber ich denke, das ist gut so für uns.

Sascha: Ihr spielt ja inzwischen schon einige Eurer neuen Songs live. Worauf dürfen wir uns denn beim nächsten Album freuen? Mir kamen die Songs etwas sperriger, progressiver vor, kann das sein?

Sebastian: Die zwei Stücke, die wir mit in den letzten Shows hatten, sind auch vielleicht beim ersten Mal live hören etwas progressiver. Aber ich glaube, dass das neue Album im Ganzen sehr harmonisch wird. Es wird aber kein "A Discouraged Believer Part Two". Wir haben unseren Sound weiter transportiert und kopieren nicht die Songs vom Debüt. Das war uns sehr wichtig. Dennoch schließt das nächste Album an das erste an. Es wird textlich ein Konzept verfolgen, und unsere bisherigen Songs werden für alles die Grundlage sein. Ein bis zwei Songs werden auch etwas Überlänge bekommen. Viele fragten ja, wie es weitergehen sollte, da die Messlatte ja mit dem Debüt schon so hoch liegt. Wir vertiefen uns gerade in die neuen Songs, und das Gefühl sagt, dass alles intensiver wird, aber auch die Scheibe etwas kompakter in sich steht. Es gibt auf jeden Fall Songs, auf denen ein Höhepunkt den anderen jagt. Ich hoffe, wir können das im Studio alles so umsetzen, wie wir es uns vorstellen.

Sascha: Steht schon ein Arbeitstitel fest? Wann kommt die neue Scheibe raus? Wo wird sie aufgenommen?

Sebastian: Da wir uns ja doch sehr wohl in den Händen bei Projekt Mayhem gefühlt haben und Ali und Eike uns auch gerne wiederhaben wollen, um weiter an uns rumzufeilen, betreten wir Anfang September wieder die heiligen Hallen. Im Oktober werden die Aufnahmen abgeschlossen sein, und die Scheibe wird, denke ich, im Januar das Licht der Welt erblicken. Die Aufnahmen werden in Hamburg, sowie in Bad Kösen geschehen, um noch etwas am Sound zu arbeiten. Wie schon gesagt wird es sich sehr auf das erste Album aufbauen, und so, wie es im Moment aussieht, den Namen "The Forsaken Earth" tragen.

Sascha: Wird auch dieses mal eine Vinyl-Version erscheinen?

Sebastian: Da sind wir ein wenig überfragt. Rico wird sicher damit liebäugeln, aber im Moment macht uns die Länge der Songs und des Albums die Sache etwas schwierig. Wir müssen sehen, wie es ist, wenn die Produktion abgeschlossen ist und wir wissen, welche Songs in welchem Gewand auf das Album finden.

Décembre Noir

Sascha: Für mich persönlich war Euer Auftritt auf dem letzten Schlachtfest etwas sehr Spezielles, und es hat mich wirklich gepackt. Würdest du behaupten, DÉCEMBRE NOIR ist eine Live-Band?

Sebastian: Oh ja, auf jeden Fall! Ich hatte DÉCEMBRE NOIR damals eigentlich nur als Studioprojekt angefangen, doch dann ist letztlich jedes Instrument besetzt worden, und eine komplette Band ist entstanden. War natürlich klar, dass es auf die Bühne muss. Es war am Anfang auch noch nicht wirklich gut, jeder spielte irgendwie für sich, aber wir haben uns schnell aufeinander eingeschossen. Ich denke, wir bringen diese ganz spezielle Atmosphäre wohl auch live rüber, nur mit ein wenig mehr Druck und Energie. Wir hören das auch immer mal wieder, dass es die Leute gepackt hat. Das geht natürlich runter wie Öl, wenn man so ein Kompliment bekommt.

Sascha: Welche musikalischen Einflüsse habt Ihr so? MY DYING BRIDE und KATATONIA sind ja nicht wirklich abzustreiten…

Sebastian: Das wohl kaum. Es sind zwei Bands, die uns viele Jahre geprägt haben. Obwohl unser musikalisches Schaffen ja schon lange Zeit geht, haben wir uns erst sehr spät auf diese Art von Musik wirklich eingelassen. Wir waren alle vorher in Death und Black Metal-Bands unterwegs und haben versucht, so viele Töne oder Anschläge wie möglich in eine Minute zu pressen. Ich weiß es nicht, ob es eine Weiterentwicklung ist, oder das wirklich zu sich selbst finden. Ich kann nur sagen, dass es sich richtig anfühlt und wir alle das Gefühl haben, dass es genau so sein muss, wie DÉCEMBRE jetzt ist. Unsere Einflüsse sind recht vielfältig und aus vielerlei Richtungen geprägt. Das wird sich auch im neuen Album niederschlagen, und der eine oder andere wird die Band suchen wollen, deren Wurzel es ist, für die, die nicht suchen wollen, wird es DÉCEMBRE NOIR sein.

Sascha: Erzähle uns doch mal etwas über Eure Videos. "A Discouraged Believer" ist ja ein sehr künstlerisches Teil geworden.

Sebastian: Wir hatten auf jeden Fall ein Ziel, nicht dieses "Ich stehe im Abrissgebäude Metalvideo" zu drehen. Und so haben wir uns die Aufgabe gestellt, ein Drehbuch zu schreiben, welches anders ist. Theatralische Ausmalungen und Kameraführungen schossen aus meinem Kopf, und im Gesprächsverlauf mit der Filmcrew wurde mir klar, dass andere viele Millionen in Filmen versenken. Es war aber auch eine ganz neue Erfahrung. Sehr viel anstrengender als wir gedacht hatten. Ich hoffe, wir haben den Zuschauer etwas zum Mitdenken angeregt und er kann die Persönlichkeitswechsel verfolgen. Wir befinden uns allerdings schon in der Planung zu weiteren Videos.

Sascha: Vielen Dank für die geopferte Zeit. Die letzten Worte gehören Euch!

Sebastian: Haha, diesen Schlusssatz liebe ich an Interviews. Die ganze Zeit hat man so viele Sachen im Kopf, die man in die Welt schreien könnte, und wenn man die Freiheit bekommt, ist die Zunge wie gelähmt. Ich glaube, die Welt ist gerade sehr voll von Kritik und voll Umdenken, und das ist sehr gut so. Ein Aufbegehren jedes Einzelnen wird immer wichtiger, sonst schließt sich sehr schnell auch hinter uns die Gittertür der Legebatterie. Ich appelliere mal hiermit an die subjektive Wahrnehmung und Einschätzung. Den Willen jedes Einzelnen, sich das Denken nicht vorschreiben zu lassen. Um den Sprung zur Musik zu schaffen, auch die Band aus Deiner Straße kann Weltformat haben, hat vielleicht nur nicht die finanziellen Mittel. Lasst Euch nicht künstlich leiten, holt Euch das Autogramm von dem Typen um die Ecke, den keiner kennt, aber der einfach einen scheiß geilen Song geschrieben hat, den die Welt leider nie hören wird.

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