Compressor

von Rüdiger Vinschen

Compressor

Auf dem am Himmelfahrtswochenende stattfindenden Leinetreff, oder auch "Wrecking The Neighbourhood" in Banteln an der Leine (hier der Bericht dazu), konnte Rüdiger die aus der Region stammenden Death-Thrasher COMPRESSOR auf einen Schnack entführen. Was ihm dabei widerfahren ist, könnt Ihr hier nachlesen!

 

Rüdiger: Moin. Dankeschön, dass Ihr alle mir das Interview gebt. Wie seid Ihr denn dazu gekommen, heute hier zu spielen?

Stefan: Durch Batti, den Bassisten von DEMORIEL. Der hat uns gefragt.

Rüdiger: Ihr seid also alle aus der Gegend und kennt Euch mehr oder weniger?

Wolle: Jein. Wir kommen aus Nordstemmen, Burgstemmen, Hannover, Alfeld, sind also ein bunt zusammengewürfelter Haufen, und Batti hat uns alle hierhergeholt.

Rüdiger: Euch gibt’s schon was länger, oder?

Sven: Seit 2011.

Stefan: Wir sind diverse Altlasten aus anderen Bands aus der Gegend.

Rüdiger: Wie muss ich mir das jetzt vorstellen? Hat sich da noch mal eine Altherrenband zusammengefunden, so wie im Jazz?

Stefan: Ja, genau!

Sven: Nein, wir haben schon vorher Mucke gemacht. Also bei mir waren’s zehn Jahre Pause. Bei Euch ungefähr auch, oder? [grob zustimmendes Gemurmel]

Stefan: Zwanzig!

Wolle: Scheiss auf’s Alter. Wir haben früher Musik gemacht, haben dann durch Beruf, Lehre, Schule, Familie und so weiter andere Sachen gemacht.

CompressorRüdiger: Ach, die berüchtigte Familienpause.

Stefan: Die Familie wird da eher vorgeschoben. Andere Interessen trifft’s eher.

Rüdiger: Jetzt bin ich gespannt. Was hast denn Du für andere Interessen?

Jens: Um Gottes Willen, jetzt geht’s los. [allgemeines Lachen]

Stefan: Weiber, Drogen, Gewalt. [mehr Lachen] Isses bei Dir anders, Wolle? Nein. Nee, Spaß beiseite, wir haben vorher auf jeden Fall schon einiges gemacht. Mit unserer alten Band COCKROACHES haben wir auf jeden Fall schon Bühnenerfahrung, Studioerfahrung und so. Das haben wir dann einfach ´ne ganze Zeit sein lassen, die anderen haben das weiter betrieben und wir haben neu angefangen. Sven, wie heißt Deine alte Band?

Sven: CRUCIAL NATURE.

Stefan: Also Erfahrung haben wir genug.

Rüdiger: Ja, Euren Auftritt fand ich ziemlich genial. Ihr geht ja gut los. In dem Zusammenhang, Jens, was hast Du da für Flecken am Kopf?

Jens: Ja, ich bin so’n bisschen durchgedreht auf der Bühne und hab‘ das Mikro misshandelt. Oder sagen wir mal so: es hat mich misshandelt.

Rüdiger: Ich hab wohl gesehen, dass es runtergefallen ist.

Jens: Ja, runtergefallen ist es auch ein paar Mal.

Wolle: Es hat ihn angesprungen!

Stefan: Du hast voll den Gitterabdruck am Kopf! Ich wollt das schon die ganze Zeit sagen, warum haut der sich jetzt das Mikro an den Kopf?

CompressorRüdiger: Weil unsere Leser das vom Quatschen so nicht wissen können: was spielt Ihr eigentlich für Metal?

Jens: Thrash Metal mit ´n bisschen Hardcore und Death Metal drin. Das kann man nicht so richtig in eine Schublade stecken.

Rüdiger: Hauptsache, man kann dazu moshen.

Sven: Ja, da ist Death, da ist Thrash, das sind so die beiden Komponenten.

Stefan: Wie ein tasmanischer Teufel auf Speed, so hört sich das an.

Jens: Irgendwer sagte auch eben was von Grindcore. Natti da draußen hat uns schon wieder mit so vielen Bands verglichen, die hab ich schon wieder alle vergessen.

Stefan: Letztendlich müssen das Einordnen andere Leute übernehmen, wenn Du das unbedingt in eine Schublade stecken willst.

Rüdiger: Euch ist wahrscheinlich am wichtigsten, dass es vor der Bühne gut abgeht, oder?

Jens: Ja, für mich persönlich ist einfach wichtig, dass es Mucke ist, wo die Leute vor der Bühne stehen und wissen, dass man dazu headbangen oder einen Moshpit machen kann. Das ist für mich schon immer wichtig gewesen, auch, als ich noch in anderen Bands war.

Stefan: Die „Leck mich am Arsch“-Haltung ist auch wichtig. Man sollte das Ganze nicht so ernst nehmen.

Wolle: Genau!

Stefan: Im Proberaum spielt man für sich selbst. Letztendlich musst Du auf dem Auftritt für die Leute, die da vorne stehen, alles niedermähen.

Sven: Wir machen einfach die Mucke, die uns gefällt.

Wolle: Unsere ganzen Leute kommen auch aus völlig unterschiedlichen Bereichen, musikalisch gesehen. Jeder hört für sich völlig andere Mucke. Wenn wir bei ´nem Bierchen zusammen sitzen, legen wir total unterschiedliche Sachen auf. Wir machen Musik zusammen, die uns allen Spaß macht. Jeder hat ´ne Idee, wir würfeln das zusammen und machen daraus, was uns gefällt. Wir können das unmöglich in irgendeine Schublade packen.

Sven: Das kannst Du einfach nicht machen, weil wir alle verschiedene Geschmäcker haben.

Stefan: Du musst auch sehen, dass wir lange keine Mucke mehr gemacht haben. Wir transportieren sozusagen Sound aus den 90ern nach 2014. Genau den Geschmack, den wir damals hatten, haben wir heute auch noch, und das nehmen wir in unsere Musik mit. Es ist halt das, was uns Spaß macht.

CompressorRüdiger: Ihr macht also einfach das, worauf Ihr Bock habt. Dann betrachtet Ihr das Ganze als Hobby? Leben kann man sicher davon nicht, oder?

Sven: Nein, wollen wir ja auch gar nicht!

Stefan: Nein, das ist vorbei.

Wolle: Das wäre natürlich schön, aber ist nicht.

Sven: Wenn man das Ganze jetzt vor 20 Jahren gemacht hätte, als man noch Ambitionen hatte, wäre das vielleicht gegangen. Mittlerweile ist das aber nur noch just for fun.

Stefan: Also wenn irgendjemand diese Scheisse gut findet und wir noch Rockstars werden, dann nehmen wir das natürlich mit, oder?

Alle: Yeeeeah!

Rüdiger: Damals, als Ihr noch alle frisch und knackig wart und hättet Stars werden können, was habt Ihr denn da alle gemacht?

Jens: [dreckiges Lachen]

Wolle: Da haben wir Musik gemacht.

Rüdiger: Andere Musik, oder ist das ziemlich gleich geblieben?

Wolle: Bei Stefan und meiner Wenigkeit wurde schon erwähnt, dass man’s raushört, wo die Glocke hängt. Aber das ist auch nicht weiter tragisch. Wir machen das zusammen als Gruppe, und wenn’s nicht ankommt oder es gefällt uns nicht, dann machen wir was anderes draus.

Rüdiger: Jens, hast Du Dir damals schon die Mikros an den Kopf gehauen, oder ist das eine neue Marotte?

Jens: Nein, das war heute das erste Mal!

Rüdiger: Ach so! Liegt das am geilen Publikum hier, oder woran?

Jens: Also wenn Du’s genau wissen willst: die Texte, die ich schreibe, sind sehr persönlich. Auch, wenn wir das im Proberaum spielen, ist es immer was Besonderes für mich, zu einem Song meinen Text zu singen. Und wenn die Leute dann vor der Bühne geil abgehen und überhaupt alles geil ist, dann dreht man halt ein bisschen mehr ab. Dann überkommt’s einen irgendwie, und dann…naja.

Sven: Welcher Song war das denn überhaupt?

Jens: „Cage Of Pain“. Das ist ein Lied über Selbstmordgedanken. Das ist eben ein sehr persönlicher Text, und das ist der Song, in den ich mich am meisten reinversetze, wenn wir den spielen.

Rüdiger: Wie war das, seit 2011 gibt’s Euch? Habt Ihr denn schon was veröffentlicht?

Wolle: Nö.

Jens: Ja gut, auf Facebook zwei Songs.

Sven: Wir haben in Eigenregie mal vier Songs aufgenommen, aber nicht im Studio. Nichts Professionelles.

Stefan: Man muss ja auch immer sehen, ob man das will. Da hängt ein ganzer Rattenschwanz dran. Wir haben auch einen gewissen Anspruch. Wir wollen nicht schlechter als die ganzen Jungspunde sein. Die kriegen mit zehn ´ne Gitarre geschenkt und saugen das schon mit der Muttermilch auf. Da muss man erst mal gegen anstinken.

Rüdiger: Ihr habt Euch das Spielen später erst angeeignet?

Stefan: Nein, das liegt an der langen Pause. Irgendwo fängt man auch ganz neu an und müssen gegen die Jugend anstinken, die da ist.

CompressorRüdiger: Wie ist das hier in der Region, habt Ihr Euch schon ´ne Fanbase aufgebaut?

Sven: Dafür sind wir bis jetzt zu wenig aufgetreten. Das war der zweite Auftritt heute. Von daher kann man noch nicht von ´nem eigenen Publikum sprechen.

Rüdiger: Wo geht man denn hier normalerweise hin, wenn man Metal hören will?

Stefan: Nach Hildesheim ins Boot.

Sven: Oder ins Capitol. Das Rockhaus gibt’s noch.

Jens: In Hannover ist schon ein bisschen was los, in Hildesheim etwas weniger.

Stefan: In Hannover ist eigentlich ziemlich wenig Großes los. Keine Ahnung warum, aber es ist schon sehr undergroundlastig.

Rüdiger: Ist auf den Dörfern in den Jugendzentren was los?

Jens: Ab und zu, aber nicht viel.

Stefan: Das ist halt so weit verteilt, vom Harz, Goslar, bis Hannover. Eigentlich hat man schon viele Möglichkeiten, aufzutreten, ist halt alles Underground.

Rüdiger: Wie ist das bei Euch, schreibst Du alle Texte, Jens? Du sagtest eben, das sind teils sehr persönliche Sachen. Was bewegt Dich dabei, was sind die Themen?

Jens: Boah, alles Mögliche. Irgendwer hat mal gesagt, man muss sich nur die Nachrichten angucken, und dann sieht man genug Sachen, die einem auf den Sack gehen. Da zieht man dann so seine Ideen raus und setzt das in die Texte um. Das ist eben alles Mögliche, das können Dinge sein, die mir persönlich auf den Sack gehen, oder die Welt an sich, dass sich alle nur den Schädel einschlagen. Sowas halt.

Rüdiger: Die Mucke ist auch super geeignet, um loszuwerden, was einem stinkt, ne?

Jens: Bei mir ist das immer so: ich höre einen Song, den die Jungs zusammenfrickeln, und der hat für mich schon eine ganz bestimmte Grundstimmung. Da kann man sich schon einen Text ungefähr denken, der da drauf passt. Das kann jetzt ein wütender Text sein, oder ein nihilistischer, oder nimm z.B. „Time To Rise“, das ist mehr so ein Arschtritt-Song. Es geht darum, aufzustehen und die Sau rauszulassen. So funktioniert das, wenn ich einen Text schreibe.

Rüdiger: Sven, kriegst Du manchmal Komplexe, weil die anderen so schöne lange Haare haben?

Jens: [lacht wieder dreckig]

Sven: Hatte ich auch mal, lange Haare. Aber der Ofen ist aus. Geheimratsecken, das dünnte sich aus.

Stefan: Wir sind halt alle sehr alt.

Wolle: Die Leute haben totale Komplexe gekriegt, als er die Tür aufgemacht hat und auf einmal mit kurzen Haaren da stand.

Sven: Zu ´nem Schlagzeuger passt auch irgendwie ´ne Glatze. Es gibt ja viele Schlagzeuger, die ´ne Glatze haben.

Wolle: Drauf geschissen, ob lang oder kurz.

Sven: Nur alles dazwischen ist schwul. Das ist meine Meinung.

Rüdiger: Ja, dankeschön. Hallo?!

[Allgemeine, lautstarke Belustigung]

Sven: Oh ja, Scheiße!

Jens: Wieder reingeritten, was?

Rüdiger: Ich sehe schon, ich muss echt aufpassen, was ich für Fragen stelle. Unglaublich.

Jens: [lacht] Wir sind fies, ne?

Stefan: Uns wird da schon keiner anmachen, weil wir ein hohes Gewaltpotential haben. [Gelächter] Aber Sven sieht doch so echt gut aus, oder?

Rüdiger: Ja, ich find ihn auch sehr attraktiv.

Sven: Windschnittig!

Compressor live im ThavRüdiger: Mal wieder ernsthaft: was habt Ihr noch so vor als Band, wie geht’s mit Euch weiter?

Stefan: Ja, was hast Du vor als Band? Ich werd Rockstar, oder wie?

Rüdiger: Na, wollt Ihr was Verkaufbares auf den Markt schmeißen, oder seht Ihr Euch eher als Live-Band?

Stefan: Ja sicher, wenn sich die Gelegenheit ergibt, dass man was aufnimmt, würden wir das natürlich machen! Aber wir forcieren das nicht. Wir freuen uns im Moment, wenn wir unsere kleinen Auftritte haben und als alte Onkel bei den Kiddies noch mitmischen können.

Sven: Wir haben natürlich auch den Anspruch, die Kiddies dann richtig wegzublasen.

Jens: Hauptsache, man hat ´n bisschen Spaß. Und wenn das so abgeht wie heute, die Leute vor der Bühne haben Spaß, wir selber auch, dann ist doch alles in Ordnung. Ich kenne auch viele Bands persönlich, und es gibt viele Bands, die richtig was reißen wollen. Die stellen sich dann da hin und wollen groß rauskommen, aber da kann nur der Spaß auf der Strecke bleiben, weil die alles viel zu eng sehen. Gerade heute gibt’s so viele Bands. Man kann ja fast schon sagen, dass heute jeder irgendwie Musik macht.

Rüdiger: Glaubt Ihr, gerade im Metal gibt’s ein Überangebot?

Jens: Also ich glaube das auf jeden Fall.

Stefan: Es gibt ein Überangebot an durchschnittlicher Musik.

Sven: Vor allen Dingen im Gegensatz zu den frühen 90ern ist das so. Damals war das alles übersichtlicher, heute sprießen ja überall Bands.

Jens: Wenn Du Dir mal einen Metal Hammer aus den 80ern anguckst, dann waren da 20, 30 Plattenkritiken drin. Heute sind das 200 bis 300, und dann kommt noch der Undergroundbereich mit dazu. Das ist Wahnsinn.

Stefan: Letztendlich muss jeder das machen, was ihm Spaß macht. Darum geht’s, und fertig.

Rüdiger: Dankeschön für’s Interview und danke für den supergeilen Auftritt. Habt Ihr noch irgendwas, was Ihr den Leuten mitgeben wollt?

Sven: Ja klar, die sollen auf unsere Facebook-Seite gehen und die Lieder anhören. Es sind Lieder online.

Jens: Und zu unserem Konzert sollen sie kommen, zum Bornemannshausen Open Air, erstes Augustwochenende!

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