Jahrespoll 2017

Die Top Five des Jahres!

von Rüdiger Vinschen

Jahrespoll

Es gibt Jahre, da bewegt sich viel, und es gibt Jahre, da treten wir alle ein bisschen auf der Stelle. 2017 scheint eins der letzteren Kategorie gewesen zu sein. Liegt das vielleicht am Wetter? Gefühlt sind im letzten Jahr so viele Festivals Opfer von Wind und Wetter geworden wie noch nie. So richtig heiße Sommer, wann gab's das eigentlich zuletzt? Ist das jetzt schon der Klimawandel? Wann säuft der Norden dann endgültig ab, wann steigen die Pegel über die Deiche?

Zugegeben, so ein pessimistisch-apokalyptisches Bild ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Da konzentrieren wir uns lieber auf die vielen grandiosen Neuerscheinungen in Rock und Metal, denen wir als kleines (Nord-) Licht gar nicht gerecht werden können, weil es einfach viel zu viele sind. Also schreiben wir weg, was geht, und die bis jetzt liegen gebliebene Umstellung auf eine neue Homepage-Oberfläche klappt ja vielleicht auch im neuen Jahr.

Eins steht nämlich fest: Auch 2018 wird uns wieder viele tolle Alben bescheren, genug, das uns vor Freude hüpfen lässt, und Anderes, das uns vielleicht zum Lachen bringt oder den Hals rot anlaufen lässt. Welche Highs und Lows auch auf uns warten, der Reaper bleibt am Ball und berichtet für Euch. Und jetzt präsentieren wir ohne weitere Umschweife die Highlights unserer Redaktion aus 2017!

Zu den einzelnen Polls:

 

- Hans H.

- Jannis L.

- Sascha S.

- Rüdiger "MetallKopp" Vinschen.

 

 


Hans H.:

05. FreaKings - Toxic End

Die Schweizer haben sich mit ihrem Bollwerk auf meinen fünften Platz geprügelt. Immer noch eine Hammerscheibe!

Cover: Freakings - Toxic End

04. Kreator - Gods Of Violence

Wenn Kreator sich auch stilistisch von ihren Wurzeln entfernt haben, also Thrash ist klar, aber mit dem ganzen Bombast und den vielen Melodien, bin ich sehr angetan von dem letzten Machtwerk. Ohne die Thrash-Wurzeln zu leugnen haben sich die Jungs auf Platz Vier gespielt.

Cover: Kreator - Gods Of Violence

03. Deep Purple - Infinite

Alte Männer und härtere Rockmusik? Glaubwürdig? Ja? Nein? In diesem Fall ja. Ian Gillan hat es im Gegensatz zu anderen Sängern seines Semesters geschafft, seine Stimme so zu benutzen, dass man sich die DEEP PURPLE-Sachen anhören kann, ohne in Tränen auszubrechen. Eine sehr gute Scheibe präsentieren uns die Insulaner mit "Infinite". Und das, obwohl Steve Morse sein Gitarrenspiel aus gesundheitlichen Gründen ändern musste. Mit nach wie vor viel Spielfreude, einem Hauch von Aggression und einer Portion Augenzwinkern haben es die zehn Songs (auch, wenn einer von THE DOORS kommt) auf den dritten Platz geschafft.

Cover: Deep Purple - Infinite

02. Night Demon - Darkness Remains

Was für eine Scheibe! Die Amis, die wie Engländer zu Anfang der 1980er Jahre klingen, haben noch eine Schippe draufgelegt. Ich hätten nicht gedacht, dass das funktioniert, aber es geht. Anscheinend nebenbei, da sie die Welt in einer schier endlosen Tour beackern, finden die Drei immer noch ein wenig Zeit, um hochwertige Songs zu schreiben. Das ganze Club-Getingel zahlt sich 2018 aus, denn sie werden Opener für ACCEPT auf deren 2018er Tour sein.

Cover: Night Demon - Darkness Remains
01.
Jerkbait - Paralyzed
Breaking Samsara - Light Of A New Beginning

Hier hätte auch NIGHT DEMON stehen können, aber ich habe mich für den Underdog-Bonus entschieden. Ich konnte mich allerdings nicht auf einen Sieger festlegen, da ich beide Bands auf ihre Art sehr geil und gelungen finde. 

JERKBAIT, die Jungs vom Stadskanaal, Provinz Groningen, fahren einen Old School-Garagensound, der sich hören lassen kann. "Paralyzed" verliert auch bei längerem Hören nicht an Dynamik und Freude und läuft zusammen mit BREAKING SAMSARA in Endlosschleife im Auto, und das seit Monaten. BREAKING SAMSARA... die haben die Scheibe veröffentlicht, die ich von den alten Hard Rock-Bands der 1980er vermisse. Dynamisch, aggressiv und voller Ideen. Instrumentalschlachten zwischen Keyboard und Gitarre, ab und zu an DEEP PURPLE aus den letzten 20 Jahren erinnernd und abgerundet mit der genialen Stimme vo Sänger und Gitarrist Jan. Die beiden Bands haben es geschafft, Songs für mein Ohr zu schreiben, die beiden Alben werde ich auch in Jahren noch hören. Für mich schon jetzt Klassiker!

Cover: Jerkbait - Paralyzed

Cover_ Breaking Samsara - Light Of a New Beginning

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Jannis L.:

05. Les Discrets - Prédateurs

Ich hätte hier mindestens genauso gerne "Below The House" von PLANNING FOR BURIAL stehen gehabt, aber hier hat sich auf dem Platz Fünf dann doch "Prédateurs" von LES DISCRETS durchgesetzt. Man sollte anerkennen, dass diese Band mit diesem Album einen massiven Wechsel in einen eher experimentellen Bereich vollzogen hat, der sich der Metal-Elemente der Vorgänger vollständig entledigt. Dazu hat die künstlerische Raffinesse von Fursy Teyssier hier ein Album zu Vorschein gebracht, welches mit unglaublich schönen Songs wie allen voran "Rue Octavio Mey" oder auch "Virée Nocturne" sehr häufig den Weg in meinen Player gefunden hat. Zugegebenermaßen hat es etwas gedauert, bis dieses Album zündete, aber hinter einigen Durchläufen steckte ein Album, welches sich durch brillantes Songwriting und eine unheimlich schöne Ästhetik auszeichnen kann.

Cover: Les Discrets - Prédateurs

04. Immolation - Atonement

2017 wurde im Laufe der vergangenen Monate immer wieder als Death Metal-Jahr bezeichnet. Das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass extrem viele große Namen und Legenden der Death Metal-Szene dieses Jahr aktiv Musik veröffentlicht haben - aber seien wir ehrlich: Mehr als abgeliefert haben die meisten Bands auch nicht, und einige haben sogar ziemlich enttäuscht. Aber IMMOLATION haben ein Album herausgebracht, welches in ihrer wirklich tadellosen Diskographie einen weiteren großen Wurf darstellt. "Atonement" kann sich durch Brecher wie "Fostering The Divide" oder "Lower" in die Liste der großen Alben einreihen und seinen Vorgänger "Kingdom Of Conspiracy" mit links übertreffen. Sie erfinden ihr Rad, wie die meisten Death Metal-Bands, dieses Jahr zwar nicht neu, aber die immensen Songs und die fette Produktion machen das Album zu einem der Death Metal-Highlights des Jahres neben "Wrong One To Fuck With" von DYING FETUS oder "Infrared Horizon" von ARTIFICIAL BRAIN.

Cover: Immolation - Atonement

03. The Ruins Of Beverast - Exuvia

Gespannt hat man nach der "Takitum Tootem!"-EP auf "Exuvia" gewartet. Das deutsche Black/Doom Metal-Projekt von Alexander von Meilenwald (ex-NAGELFAR) experimentiert auf dem Nachfolger des großartigen Albums "Blood Vaults" mit Einflüssen, die mich stark an die schamanische Kultur erinnern – und zwar wie. Man nimmt alle 67 Minuten wie einen einzigen Trip auf irgendwelchen Kräutern und Tinkturen von gewissen Indianerstämmen wahr. Auch ein geniales Gespür dafür, ein archaisches Gefühl aufzubauen, machen dieses Album zu einem unglaublichen Erlebnis. Vor "Finsterre" von DER WEG EINER FREIHEIT und „Antikult“ von FÄULNIS das wohl beste deutsche Black Metal Album 2017.

Cover: The Ruins Of Beverast - Exuvia

02. Wolves In The Throne Room - Thrice Woven

Sechs Jahre hat es gedauert, bis WOLVES IN THE THRONE ROOM wieder ein Black Metal-Album veröffentlicht haben. In der Zwischenzeit veröffentlichten sie ein eher maues Ambient-Album namens "Celestite", nun sind sie aber zu alter Form zurückgekehrt. Dies tun WOLVES IN THE THRONE ROOM mit neuen Ansätzen, aber ohne ihren altbekannten Stil zu sehr über Bord zu werfen. Gewisse EMPEROR-Einflüsse halten den Sound auf "Thrice Woven" sehr frisch, und man kehrt oft dahin zurück, dieses Album auf-/einzulegen. Das Album kann locker mit den in der Vergangenheit veröffentlichten Werken "Black Cascade" oder "Diadem Of 12 Stars" mithalten, aber übertrifft ihr Opus Magnum "Two Hunters" nicht.

Cover: Wolves In The Throne Room - Thrice Woven

01. Chaos Moon - Easchaton Mémoire

Zugegebenermaßen war ich selbst überrascht, dass dieses Album den ersten Platz bei mir macht. Bis vor ein paar Monaten hatte ich noch keinen blassen Dunst, wer diese Band ist. Aber das, was das Projekt um Alex Poole (KRIEG, SKAPHÉ, ect.), CHAOS MOON, hier anno 2017 abgeliefert hat, ist wirklich unglaublich. Chaotisch und kathartisch, dabei gleichzeitig psychedelisch und melodisch – so kann man dieses Album wohl am besten beschreiben. Mit knapp 40 Minuten für ein Black Metal-Album dann doch eher kurz und bündig, aber dafür vollgepackt mit großartigen Momenten. Auf mahlstromartige Blast-Explosionen folgen klare Ruhemomente und wiederum atmosphärisch-melodisch anmutende, dennoch komplexe Passagen. Definitiv keine leichte Kost, vor allem, weil dieses Album fernab sämtlicher gängigen Songwriting-Reißbretter liegt, aber nach einigen Durchläufen wird das aufmerksame Zuhören großzügig belohnt. Eine dichte, aber dafür nicht zu dick aufgetragene Atmosphäre machen "Eschaton Mémoire" zu einem so extraordinär interessanten Werk in einem Jahr, in dem wohl niemand extrem herausstach.

Cover: Chaos Moon - Eschaton Mémoire

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Sascha S.:

05. Nornír - Urd

Bei Black Metal bin ich ja immer sehr pingelig, umso größer ist eigentlich das Lob für die Band, in meinen Top 5 sein zu dürfen. "Urd" schafft eine eigene Aura, und das ohne an Gewalt einzubüßen. Klasse EP einer Band, von der man irgendwie viel zu wenig hört.

Cover: Nornír - Urd

04. Damnation Defaced - Invader From Beyond

Ich glaube, selten sind beim Hören einer Scheibe meine Mundwinkel so von sehr weit unten nach extrem weit oben gewandert. "Invader From Beyond" ist ein Album, das etwas Zeit braucht, um zu funktionieren. Leute, nehmt Euch einfach die Zeit. Hier ist dem Quartett etwas wirklich Großes geglückt!

Cover: Damnation Defaced - Invader From Beyond

03. The Crawling - Anatomy Of Loss

Doom-Death aus Irland. Kommt mit einer ganz eigenen, fragilen Atmosphäre daher. Unbedingt im Auge behalten, die Jungs.

Cover: The Crawling - Anatomy Of Loss

02. Apallic - Of Fate And Sanity

Mein zweiter Platz geht in die Nachbarschaft. APALLIC ist hier ein sehr feines, erwachsen klingendes Album gelungen, das von der ersten Sekunde an fesseln kann.

Cover: Apallic - Of Fate And Sanity

01. Warcrab - Scars Of Aeons

Ein Album, das wahrlich seinesgleichen sucht. "Scars Of Aeons" besitzt eine Zerstörungskraft, die selbst tonnenschwere Bands wie z.B. CROWBAR in die Schranken weisen kann.

Cover: Warcrab - Scars Of Aeons

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Rüdiger "MetallKopp" Vinschen:

05. Maat - Monuments Will Enslave

MAAT haben sich bereits zu Beginn des Jahres 2017 in mein Herz geblastbeatet. In meinen Augen können die Egypt Death Metaller kaum noch besser werden. Ihre große Stärke sind die catchy Riffs und Hooks, die sie mit brutalem Shredding untermalen. Die pyramidale Leistung brachte ihnen den fünften Platz in meiner Jahresbestliste, und dabei mussten sie sich extrem starker Konkurrenz stellen, konnten sich letzten Endes aber um Haaresbreite gegen ENDSEEKER durchsetzen.

Cover: Maat - Monuments Will Enslave

04. Skyclad - Forward Into The Past

Nur knapp eine Medaille verpasst haben die alten Helden von SKYCLAD. Ihrer bereits beeindruckenden Diskographie haben sie in 2017 wieder einmal einen neuen Klassiker hinzugefügt. "Forward Into The Past" blickt sowohl wehmütig zurück, als auch kritisch auf unsere Gegenwart. Dabei wird uns der SKYCLAD-typische Mix aus Rockigem und Balladeskem präsentiert, den SKYCLAD-Fans schätzen und lieben, und der diese Scheibe so liebenswert macht.

Cover: Skyclad - Forward Into The Past

03. Devastator - The Throne Belongs To Us

Dass "The Throne Belongs To Us" im Jahrespoll landen würde, war mir sofort klar. Das neueste Werk des hanseatischen Death Metal-Flaggschiffs wird der Message im Titel absolut gerecht. Mit einem der besten Death-Krakeeler, den Deutschland zu bieten hat, und den brillanten Songideen ist der dritte Platz mehr als gerechtfertigt.

Cover: Devastator - The Throne Belongs To Us

02. Nailed To Obscurity - King Delusion

Nur ganz knapp geschlagen geben müssen sich NAILED TO OBSCURITY, die mit "King Delusion" ihr Opus Magnum abgeliefert haben. Live wie auf Platte gehören sie zu den intensivsten Erfahrungen, die man so haben kann. Wenn ich dabei intensiv sage, meine ich eine introspektive Erfahrung und weniger Party und Abriss. Die Melodien von "King Delusion" schwirren mir immer wieder im Kopf herum, und die Stimmen sind auch jetzt, da ich darüber rede, wieder deutlich zu vernehmen. Melodic Death / Doom Metal geht nicht besser als so. Ein grandioses Album, das seinesgleichen sucht.

Cover: Nailed To Obscurity - King Delusion

01. Iced Earth - Incorruptible

Sorry NtO, Jon Schaffer hat's wieder geschafft. Bei dieser Entscheidung hat der Fanboy in mir die Oberhand gewonnen. Was liefern ICED EARTH aber auch ab in letzter Zeit! Vergessen die Tage von "Framing Armageddon" und Konsorten, als die US-Metaller drohten, ins Mittelmaß abzurutschen. Seit "Dystopia" sind die VÖs aus Schaffer'scher Hand nur noch genial. "Incorruptible" hat wieder eine unwahrscheinliche Dichte an Brechern und Hymnen. Und mit "Clear The Way" haben sie ein echtes Meisterstück abgeliefert. Doch auch Sachen wie "Black Flag", "Seven Headed Whore" und das übergeniale "Raven Wing" machen "Incorruptible" zu einem Must-Have für jeden Metalfan. ICED motherfucking EARTH!

Cover: Iced Earth - Incorruptible

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