Bericht: Schlachtfest XV

Geht das eigentlich noch besser?

von V.A.

Flyer Schlachtfest XV

Ein Bericht von Sascha S. und Rüdiger "MetallKopp" Vinschen

Bilder (wo markiert) mit freundlicher Genehmigung der Kollegen von Time For Metal

Rüdiger:

Wer sich im aktuellen Death Metal-Underground ein wenig auskennt und das Billing dieses Mini-Indoor-Festivals gelesen hat, den muss es eigentlich aus dem verfurzten Sessel gerissen haben. Vor allem am Samstag gab sich da ja die Creme de la Creme des subterranen Todes die Klinke in die Hand. Was habe ich mir nicht in den Arsch gebissen, dass ich am zweiten Festivaltag keine Zeit hatte. So berichtet von des Wahnsinns zweitem Teil der gute Sascha. Aber auch der Freitag war ein saugutes Los, hier hielt sich der Death, vertreten durch SYNDEMIC und DESERTED FEAR, aber noch die Waage mit den beiden Thrash-Formationen MONSTER und SPACE CHASER.

Syndemic

SYNDEMIC aus Hamburg machten den Dosenöffner für das Schlachtfest, und ihr Death Metal kam schon richtig gut an. Leer war der Schlachthof schon am Anfang nicht unbeding, zwar auch nicht brechend voll, aber man konnte schon so manchen üblichen Verdächtigen bemerken, der da in der Menge nickte. Mit einer guten Portion Melodik in den Songs, machte die Mucke absolut Laune und entlockte dem Publikum neben dem obligatorischen, aber mehrere Dezibel über Pflichtlevel rangierenden Applaus auch so einige Freudenschreie und fleißiges Kopfnicken. Ein bisschen Platz bleib zwar vor der Bühne, und der wollte trotz der entsprechenden Aufforderungen von Fronter Daniel auch nicht so recht schwinden. Aber das ist ja so üblich bei den kühlen Friesen, dass man Auswärtige erst einmal beäugt, bevor man sich zum Tee verabredet. Gut jedenfalls, dass SYNDEMIC ihre Debütscheibe dabei hatten, denn die Anschaffung lohnt sich wirklich. Ich finde, sie rangieren im qualitativ hochwertigen Death-Feld irgendwo um Combos wie SPHERON oder MALADIE, um mal aktuelle Bands zu benennen. Der Stil ist jetzt nicht einzigartig und ganz bestimmt nicht neu, aber durchaus eine Bereicherung. Da verzeiht man auch gern den Drum-Verspieler gegen Ende des Sets, der zum Reset und Neustart des Songs führte. Mehr als das ist mir jedoch Daniels wahnsinnig riesige Fressluke in Erinnerung geblieben. Wahnsinn, wenn der langgezogen ins Mikro schreit, denkt man, die obere Kopfhälfte fällt ab. Erinnert mich irgendwie an Steven Tyler. Ist das wichtig? Egal.

MonsterMONSTER waren die Lokalmatadoren des Abends. Da machte ihnen niemand Konkurrenz. Dass sie gefühlt neun Zehntel des Publikums persönlich kannten, spielten sie natürlich voll aus und hatten die Meute von Minute eins an fest im Griff. Alex, Jörg, Klaus und Klaas spielten entsprechend enthemmt und bierselig auf. Carsten Schorn machte brav die fleißige Bass-Prostituierte und half den Auricher Thrashern am Langsaiter aus. Lokalprominenz auf der Bühne, paar Bier im Blut, ein ausgelassener und zu Scherzen aufgelegter Frontmann, das war wirklich genug, um vollständig auszurasten. Die Stimmung wurde prächtig, der Thrash brandete mit brachialem Groove, und die immer wieder losbrechenden Fünf-Mann-Moshpits waren der einzige Grund, warum jetzt noch Platz vor der Bühne war. Die Ansagen, in denen Alex seine Band unter anderem auch mal als RAMMSTEIN vorstellte, erzeugten schon eine leicht slapstickige Atmosphäre. Dass sich dann auch noch das Backdrop verabschiedete, war so klischeehaft wie passend. Das Set hat wirklich einfach gepasst, muss man neidlos eingestehen. Was ein Spaß. Das können wir gern öfter so haben.

MonsterSetlist MONSTER:

  • Where Heaven And Hell Collide
  • The Death Of Whomsoever
  • The Arrival
  • Chemistry Of Death
  • Eternal Netherworld
  • Dreams In Black And Blood
  • These Eyes Have Seen The Dead
  • Random Acts Of Undead Empathy
  • Among The Rats

Space ChaserThrashig ging's kurz danach mit SPACE CHASER weiter. Doch wie unterschiedlich ein und dieselbe Stilrichtung klingen kann, bewiesen diese Jungs aus der Hauptstadt eindrücklich. Waren MONSTER noch brutal, growlig und auch ein wenig deathig, kamen SPACE CHASER eher nach älterer Schule. Klargesang mit Speed Metal-artiger Jodelei wurde gemischt mit höllisch flinker Gitarrenarbeit und einem tighten Drumming auf den Punkt, dass es einem schon ein wenig die Spucke wegfliegen ließ. Die verrückten Fünf moshten immer noch vor der Bühne rum und ließen sich gar nicht mehr davon abbringen. Wer seinen Kopf mal ein paar Sekunden still halten konnte, schaute Klampfer Martin auf die Finger und bekam den Mund nicht mehr zu. Heiliger Saint Fuckface, haben die ein Brett gespielt. Leider haben Teile des Death-verwöhnten Volks entschieden, der dritte Act sei mal ein guter Zeitpunkt, eine zu schmöken, und so war es nicht so voll wie zuvor und danach. Wer den Gig aber nicht mitbekommen hat, hat derbe was verpasst. Selbst Schuld, würde ich da sagen.

Space ChaserSetlist SPACE CHASER:

  • Loaded To The Top
  • Thrashold
  • Watch The Skies
  • Interstellar
  • Overlords
  • Predator
  • Decapitron
  • Aggressive Perfector
  • Undead Revenge

Die Pause reichte auch gerade so, um sich am Merch mit Kram einzudecken. Soweit ich das sehen konnte, ist gut was weggegangen, da haben alle Bands die eine oder andere CD verkauft. Dass ein guter Labelvertrag, bzw. genug Startkapital hinter DESERTED FEAR und SPACE CHASER steht, merkte man am umfangreichen Sortiment. CDs und T-Shirts sind die erste Reihe, klar, dahinter boten die beiden aus östlichen Gefilden angereisten Bands aber auch noch Vinyl und Tapes (!) an. Lecker! Kann man mal machen. Ich glaube allerdings, das SPACE CHASER-Skateboard für 70 Eier ist dann noch nicht weggegangen. Sei's drum.

Deserted Fear

Deserted FearDa musste man sich schon beeilen, um sich durch die Merch-Schlange zu kämpfen, noch ein Bierchen zu schöpfen und rechtzeitig zum Freitags-Headliner DESERTED FEAR wieder vor der Bühne zu stehen. Die Ostthüringer waren in der Gegend nicht zum ersten Mal zu Gast, sind jedoch immer wieder gern gesehen. Obwohl, wo sind die eigentlich nicht gern gesehen? Lange kann das eigentlich nicht mehr Underground bleiben, denn die Jungs räumen Top-Kritiken ab und spielen sich sprichwörtlich die Finger wund. Nach MONSTER hatte ich schon den Eindruck, der Abend könne nicht mehr besser werden, doch sowohl SPACE CHASER als auch diese Leutchen hier belehrten mich da eines besseren. Urgewaltig, mit Spaß dabei, ein totaler Abriss. Jetzt weiß ich jedenfalls, warum diese sympathischen Typen allerorten hochgelobt werden. Ich weiß da auch gar nicht mehr drüber zu schreiben. Schaut es Euch einfach mal an. Gewaltig ist das Wort, das ich dafür benutzen würde.

Sascha:

Nachdem der Freitag ja wohl schon ziemlich geil gewesen war, machte ich mich zusammen mit den HEIRS OF THE VOID-Jungens Wilke und Christian auf Richtung Aurich. Der Schlachthof ist ja immer eine Reise wert, aber dieses Mal war ich tatsächlich besonders gespannt da mir persönlich wirklich alle vier Bands musikalisch zusagten. Dort angekommen und einmal umgeschaut, war gleich klar, dass der Freitag gut und/oder anstrengend gewesen sein muss, denn man konnte nur ca 30-40 Nasen erblicken.

Decembre Noir

Die erste Band des Abends sollten die Erfurter DECEMBRE NOIR sein. Die Jungs eröffneten ihr Set ziemlich pünktlich, und es kam mir so vor, als würden wirklich minütlich neue Besucher dazukommen. Als Opener am letzten Tag eines Festivals hat man ja immer so ein kleines bisschen die Arschkarte gezogen, aber DECEMBRE NOIR verhielten sich sehr professionell und waren einfach dankbar, überhaupt am Schlachtfest teilnehmen zu dürfen. Das Quintett hatte wirklich einen Bombensound, und sie konnten mit ihrem Doom-Death eine Atmosphäre zaubern, die man live tatsächlich nur selten erleben darf. Die Thüringer hatten sichtlich Bock und boten eine erstklassige Show. Allen voran Drummer Kevin spielte, als ginge es um sein Leben. Ich habe später noch mal genauer hingesehen, aber der Kerl hat tatsächlich nur zwei Arme, hinter der Schießbude hatte man manchmal den Eindruck dass da 'ne Krake sitzen würde. Auch der charismatische Fronter Lars growlte und brüllte wie am Spieß, aber auch sein Cleangesang wusste absolut zu überzeugen. DECEMBRE NOIR waren wirklich ein schier unglaublich guter Opener, aber es sollte ja noch besser werden, wobei ich mir im dem Moment schon die Frage stellen musste: Geht das überhaupt?

Revel In FleshDie (Achtung Wortspiel) Schwäben-Death-Formation REVEL IN FLESH war als nächstes an der Reihe. Kurz vorher laberte ich den gut gelaunten Vocalisten Ralf von der Seite an, und er erzählte äußerst positiv von der Mini-Tour zusammen mit PUTERAEON. Ich war sehr gespannt, was die Jungs in Laufe der Zeit so live auf die Bühne stellen würden. Ich habe sie damals auf dem Party.San sehen dürfen, das war seinerzeit allerdings erst ihr dritter Auftritt überhaupt gewesen, wie mir Gitarrist Maggeson später nochmal erzählte. Der Sound war auch bei REVEL IN FLESH wirklich sehr gut, die Jungs pulverisierten von Sekunde eins an einfach alles, und auch das kurz vorher noch relativ steife Publikum bildete den erste kleinen Moshpit. Die Songauswahl umfasste ihr komplettes Schaffen und ließ keine Wünsche offen. REVEL IN FLESH haben mittlerweile eine großartige Bühnenpräsenz entwickelt, und man merkt ihnen richtig an, wieviel Spaß sie beim Zocken haben. Genauso wie DECEMBRE NOIR haben auch REVEL IN FLESH locker Headliner-Qualitäten. Sehr starker Auftritt der Württemberger.

PuteraeonKurze Pause, Luft schnappen und danach dann ab zur totalen Vernichtung! PUTERAEON waren nun dran, und Aurich war reif. Die Schweden, die zusammen mit REVEL IN FLESH die schon erwähnte Mini-Tour absolvierten, durften hier als Co-Headliner aufspielen. Wer auf Cthulhu kann und Death Metal liebt, kennt und schätzt diese Band bereits. Diejenigen, die unbedarft vor der Bühne standen, wurden von der Urgewalt wahrscheinlich regelrecht überrumpelt. Das Quartett ist auf Scheibe schon total geil, aber live sind sie einfach überragend. Ihre Show ist energiegeladen und super aggressiv, was der Mucke natürlich eins a zu Gesicht steht. Nur ihr permanentes Gerotze und Gesabber habe ich nicht wirklich kapiert, passte aber irgendwie zu ihrem Stil. Verrückt, morbide und asi, das sind PUTERAEON.

Der Headliner TRIBULATION war dann für viele die große Unbekannte an dem Abend. Als die Jungs in der Pause dann auch noch geschminkt über den Schlachthof-Hof gingen, wurde es noch befremdlicher. Diese Mischung aus Unglaube, Verwunderung und Kopfschütteln war nach den ersten Klängen aber ziemlich schnell verflogen. Die Schweden wissen ganz genau, was sie tun, und sie tun es hervorragend. Auch ich war mir nicht sicher, ob sie mit ihrem Heavy-Metal-Doom-Black-Death (oder was auch immer) Gemisch beim ostfriesischen Publikum landen können. Sie konnten. Nein, sie kamen sogar hervorragend an. Die Qualität der Songs, das spielerische Können und die erzeugte Atmosphäre war in Kombination mit der Uhrzeit und dem geflossenen Bier genau das Richtige. Viele waren total begeistert und verfolgten das Geschehen irgendwann nur noch voller Ehrfurcht. Ich hörte Sprüche wie „Brett“, „Weltklasse“ oder „Die beste Band, die hier je gespielt hat“, aber so weit würde ich dann allerdings doch nicht gehen wollen, haben hier damals doch Granaten wie z.B. CANNIBAL CORPSE, EDGE OF SANITY oder MASSACRA gespielt. TRIBULATION waren aber in der Reihe hochklassiger Bands an dem Abend ein absolut würdiger Headliner...hätte ich so tatsächlich nicht erwartet.

Tribulation

Fazit

Rüdiger: Das Schlachtfest markiert für mich den bisherigen Höhepunkt der diesjährigen Konzertsaison. Wann bekommt man schonmal vier relativ homogene, saumäßig spielfreudige und dazu erstklassige Bands geliefert? Und ich rede noch gar nicht vom Samstag. Da müssen Lutz und Carsten schon gewaltig ackern, wenn sie das nochmal toppen wollen. Und so ein Heidenspaß für 25 Öcken (beide Tage)? In your face, etablierte Festivals.

Sascha: Die Jungs von LuCa-Concerts hatten ja schon des öfteren Hochkaräter nach Aurich gekarrt, aber dieses Mal haben sie sich wirklich übertroffen. Die Location, der Sound, die Bands, die Preise und auch das Publikum, hier stimmt einfach alles! Glücklicherweise hat sich das anscheinend auch schon bundesweit herumgesprochen, und die Besucher kommen mittlerweile von überall. Auf das Schlachtfest darf man als Teil der ostfriesischen Metalszene stolz sein. Diesen Abend werde ich nie wieder vergessen! DANKE.

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