Bericht: Kuhzifest Vol. II

Wir sind das Kuhzifest!

von Rüdiger Vinschen

Flyer Kuhzifest Vol. II

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Stefan Liening Fotografie. Alle Rechte vorbehalten.

Dann ist es wohl Geschichte, das zweite Kuhzifest, und bereits jetzt schreibt es schon selbige. Die Emder Truppe rund um Initiator und Radio Gehacktes-Moderator Uwe Harms ist auf allerbestem Wege, aus dem kultigen Underground-Festival im Norden eine Marke im Potential und vor allem mit Wiedererkennungswert zu machen. In keinem Bericht zum Kuhzifest darf das Foto mit den Kuhzifer-Masken fehlen, und der hier macht da keine Ausnahme. Direkt zu Beginn des Spektakels wurde die lustige Meute auf digitalem Zelluloid verewigt, und mit den markigen Worten "Ihr seid das Kuhzifest!" war die Sause eröffnet, die im Vorfeld schon die Feierwütigen in die Stadt zog. Denn sowohl die BEERBUSTERS, die kurzerhand für eine auserwählte Schar Kuhzifest-Besucher ein Proberaumkonzert auf die Beine stellten, als auch das Bourbon, seit jeher Anlaufpunkt für Metalheads vor, nach und generell zwischen Konzerten, ließen den biergetriebenen Motor schon einmal vorglühen.

Kuhzi-Foto

Das zweite Kuhzifest war wieder restlos ausverkauft, und das im Vorverkauf. Keine Tickets mehr an der Abendkasse! Allein das macht das Friesen-Festival schon zu einer echten Ausnahmeerscheinung, und entsprechend viel Platz wurde auch in der Alten Post gebraucht. Der Bereich links von der Bühne, der sonst durch eine mobile Elementwand als Backstagebereich abgetrennt ist, war offen. Der zusätzliche Raum wurde sowohl vom Publikum eingenommen, als auch vom großzügig dimensionierten Merch-Stand, an dem (gemessen am Betrieb) wohl so mancher Euro die Tischseite gewechselt haben dürfte. Selbiges galt auch für den Getränketresen, bis zum Schluss schraubten sich bestimmt fünf Stapel leerer Bierkästen bis unter die Decke. Durstige Truppe, diese Friesen!

Toxic WaltzPünktlichst konnten TOXIC WALTZ aus Landsberg am Lech den bunten Reigen eröffnen. Wir können von Glück sagen, dass die Thrasher überhaupt auftreten konnten, denn der Fünfer hatte wohl den längsten Anreiseweg überhaupt, und von A wie Autopanne bis W wie Wetter hatten sie mit allen Widrigkeiten zu kämpfen, die so eine Reise zu bieten hat. Egal, hier waren sie und spielten die Post direkt heiß (und Leadgitarrist Jimi solierte sich die Finger rotglühend).
Toxic WaltzTOXIC WALTZ stehen für fetzig-fixen Thrash, der extrem tight gespielt ist, den SPACE INVADERS nicht unähnlich. Mit ihrem Set, das hauptsächlich aus Tracks von ihrem neueren Album "From A Distant View" bestand, verbreiteten sie schon ziemlich gute Stimmung - kein Wunder, wenn man schon als Opener so einen hochkarätigen Namen verpflichtet. Für diejenigen, die TOXIC WALTZ bereits länger kannten (ich gehörte nicht dazu), hatten sie von ihrer ersten Scheibe noch "Morbid Symphony" als Oldschooler dabei, der Spaß jedenfalls war der Crowd bei allen Stücken anzumerken. Diese Band wird wieder geguckt, wenn sich die Gelegenheit ergibt, keine Frage! Ohne Zugabe gespielt (der Zeitplan, der Zeitplan), war das Set eher vorbei, als den Leuten lieb sein konnte. Aber alsbald tauchten die Jungs bestens gelaunt am Merch-Stand wieder auf und signierten gern die Neuerwerbe der Besucher.

Toxic Waltz

ProtectorIch weiß nicht, ob es an mir lag, oder daran, dass man sich gut unterhalten konnte, jedenfalls gingen die Umbaupausen und die obligatorischen Soundchecks gefühlt schneller rum, als man zwei Bier trinken konnte. Die Zeit war alsbald für PROTECTOR gekommen, den Emdern eine etwas andere Interpretation von Thrash Metal näherzubringen. In diesem Mix ist jedenfalls eine gehörige Portion Death Metal enthalten, das merkt man nicht nur am Screaming. Wenn man sich bei uns in der Region die verschiedenen Kutten mal genauer beguckt, entdeckt man an mehr als ein paar davon PROTECTOR-Patches, und die naheliegende Vermutung, dass die Wolfsburger einen guten Stand hier oben haben, bestätigte sich bei einem Blick vor die Bühne. War der Raum schon bei TOXIC WALTZ voller als gewohnt, war das doch noch kein Vergleich zu dem PROTECTOR-Gig. Martin Missy & Co. legten ordentlich Holz nach und wurden mit fleißigem Headbanging und sogar spontanen Moshpits belohnt, die sich bei den kühlen Norddeutschen ohne Aufforderung nicht so oft bilden. Was nach der 2003er Quasi-Auflösung als MARTIN MISSY AND THE PROTECTORS begann, heißt seit 2011 wieder PROTECTOR, und hoffentlich geht die Bandstory noch lange so weiter! Genug Energie haben diese Veteranen jedenfalls, und um Emden zum Kochen zu bringen, reicht es auf jeden Fall - erwiesenermaßen!

Auch die Drummer sind glücklich (Protector)

Volles Haus am Merch-StandWen im Lauf des Abends der Hunger plagte, der musste sich in den Hinterhof zu Pommes-Pedders Bude wagen, wo zu sehr annehmbaren Preisen Budenfutter angeboten wurde. Auf dem Weg stellte der aufmerksame Besucher fest, dass die sinnbefreite Abendkasse kurzerhand zum Tattoo-Studio umfunktioniert worden war. Hier wurde tatsächlich ein Kuhzifer gestochen! Respekt, ist aber auch ein geiles Motiv (Speaking of Kult, eh?). Auch der Reaperzine-Redakteur stärkte sich zur Halbzeit am Wurstwagen und entdeckte, dass es bei dem manchmal leicht durcheinander (aber absolut sympathisch) wirkenden Peter die kultigen Kuhzifest-Bierdosen zu kaufen gab. Allein das Format mutete ein wenig seltsam an. 0,25l-Bierdosen, gibt's die sonst? Die sind ja schon nach einmal ansetzen leer. Naja, trinken durfte ich ja sowieso nicht. Fahren und so. Aber so eine Dose ziert jetzt selbstverfreilich das heimische Plattenregal.

Iron KobraDie Kälte trieb alle bis auf die abgebrühtesten Raucher wieder rein, und es wurde auch schon Zeit für Schnauzbart-Metal aus dem Ruhrpott. Die nicht ganz ernsten IRON KOBRA legten los und zeigten abermals eine weitere Thrash Metal-Facette, die musikalisch mehr gen Speed schielte und höheren Klargesang mitbrachte, lyrisch hingegen in Power Metal-Gewässern fischte. Mich hatten sie schon beim Auftakt "Dungeon Master". Woher kommt da die Inspiration? Wochenendlanges "Dungeons & Dragons"-Gezocke? Dutzendfache Wiederholungen von "Conan der Barbar"? So oder so, ich fühlte direkt mit ihnen. Mit Songs, die mal in der Fantasy-Welt spielten und mal ein bisschen alten Metal-Spirit beschworen, rissen sie auch die letzten Besucher noch mit. Wahnsinn! Für mich waren IRON KOBRA die Entdeckung des Abends. Einen absoluten Die Hard-Fan hatten sie ebenfalls, aber nicht nur der hatte seinen Spaß. Was mussten meine entzündeten Augen sehen? Crowdsurfer! Sowas habe ich in der Alten Post noch nie beobachten dürfen. Der Auftritt sorgte für Stimmung, barg manchen Lacher, die Ansagen kamen super sympathisch rüber, und ganz allgemein verbreitete der Vierer einfach nur richtig viel gute Laune - und extrem fetzige Gitarrensoli. Als beim drittletzten Song auch noch die Saite an der Leadgitarre riss, verzichtete man für die letzten beiden Stücke auf eine Reparatur und zockte einfach mit einer Klampfe weniger zu Ende. Keine Verzögerungen hier! Tolles Ding.

Iron Kobra


AssassinDer Abend neigte sich allmählich seinem unweigerlichen Ende. Vorher aber sollte die Hütte noch amtlich abgerissen werden. Und wer könnte das besser als die alten Veteranen von ASSASSIN? Wenn es darum geht, wer am meisten nach vorne gespielt hat und wer die Meute so richtig fertig gemacht hat, führt kein Weg an den Thrashern vorbei. Auch für Ostfriesland eher untypisch, aber sehr erfreulich: Der letzte Act spielt, und der Saal ist noch voll! Geil! Auch, wenn es eigentlich schade ist, dass viele oft früher gehen, ist das doch ein echtes Unikum und beweist, dass das Kuhzifest was ganz Besonderes ist. Mit ihrem an frühe SLAYER angelehnten Zeug packten sie ausnahmslos alle beim Schlafittchen. AssassinAn mir taumelte überglücklich ein "Geil! Blackfire in der Post! Gott!!!" stammelnder Eden vorbei und stürzte sich immer wieder ins Getümmel. Ja, und ASSASSIN wussten, was sie da taten. Routiniert rissen sie die Post ab und lieferten eine echt schweißtreibende Show, die für viel verdienten Beifall sorgte. Ein völlig verlegenes Geburtstagskind (An dieser Stelle auch vom Reaper noch einmal herzlichen Glückwunsch zum 18., lieber Matthias!) wurde zu Mitternacht auch noch auf die Bühne gebeten und bekam kurzerhand Kremers Bass umgehängt. Da die Fete dem Rausschmiss entgegenzog, wurden dann auch ein paar Zugaben gespielt. Ich glaube aber, da die anderen drei Gigs ohne Zugaben ausgekommen waren, vergaß das Publikum einfach, eine zu fordern. Egal, es gab sie trotzdem. Und damit fand auch der letzte Auftritt an diesem Abend einen gebührenden Abschluss, und mit einigen Dankesworten vom Veranstalter begann die Crew auch damit, die Reste aufzukehren.


Setlist ASSASSIN:

  • AssassinFight (To Stop The Tyranny)
  • Breaking The Silence
  • The Last Man
  • Back From the Dead
  • Sanity From the Insane
  • Baka
  • Destroy The State
  • Abstract War
  • Bullets
  • Red Alert
  • Assassin
  • (Die Zugaben weiß ich nicht mehr)

Fazit

Für mich blieb am Ende noch die nüchterne und dank Schneetreiben noch sehr spannende Heimreise. Ein bisschen neidisch war ich auf die Glücklichen, die sich anschließend auf der Aftershow-Party im Bourbon mit den Musikern und der Crew die Kante geben durften. Entschädigt wurde ich dafür mit einem unvergleichlich geilen Abend mit richtig guter Stimmung und Klasse Bands. Die alte Garde in Form von ASSASSIN und PROTECTOR muss man einfach mal gesehen haben, mir ganz persönlich haben die jüngeren Thrasher von TOXIC WALTZ und IRON KOBRA musikalisch am meisten zugesagt, auch wenn das Festival - ganz im Zeichen des Thrash - generell ziemlich stimmig aufgestellt war. Ist einfach Geschmackssache. An Spielfreude versuchten jedenfalls alle Bands, sich gegenseitig zu überbieten, und das steckt wirklich an. Mal sehen, was uns Uwe beim nächsten Kuhzifest auf die Beine stellt, denn eins ist klar: Dieses Event hat Zukunft!

Kuhzifer in der Crowd

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