Bericht: Into The Grave 2015

Ein Festival voller Überraschungen

von Malte H.

Into The Grave 2015

Fotos: Ronald van de Baan

Während sich die Kollegen auf dem Party.San haben braten lassen, machten wir uns wie jedes Jahr auf den Weg nach Holland, um dem jährlichen INTO THE GRAVE beizuwohnen. Wie schon in den Vorjahren fand das eintägige Festival mitten in der Stadt Leeuwarden statt. Kurz das Auto in der direkt unterm Gelände befindlichen Tiefgarage geparkt, und rein ins Getümmel.

AvatarIm Vergleich zu den letzten Jahren zog es uns in diesem recht früh zum INTO THE GRAVE, weil ein Kumpel unbedingt die Göteborger Melodeath / Nu Metaller von AVATAR sehen wollte. Mir sagten die Jungs gar nichts, und diese zirkushafte Aufmachung war im ersten Moment auch relativ befremdlich. Ebenso das extrovertierte Verhalten von Sänger Johannes Michael Gustaf Eckerström. Nach anfänglicher Skepsis schlugen AVATAR aber richtig ein. Nicht zuletzt der wirklich fette und klare Sound sorgte dafür, dass schnell Bewegung ins Publikum kam, und gerade die kernigen Death Riffs richtig stark zündeten. Beeindruckend war auch die gesangliche Leistung von Eckerström. Screams, Growls, Klargesang und sogar recht hoher Klargesang im Stile alter Heavy und Power Metal-Legenden wurden durchgezogen. Eine launige und gute Performance. So muss es sein!

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Nach einem kurzen Besuch in der Leeuwardener Innenstadt ging es zurück zum Gelände, wo gerade die Finnen von ENSIFERUM ihren epischen Folk Metal in die Runde knallten. Zumindest hätten sie das gerne gewollt, doch ein richtig mieser Sound und große technische Probleme sorgten dafür, dass die Performance der Band extrem hing. Immer wieder fiel die Gitarre von Petri Lindross aus, bis schließlich der ganze Verstärker abrauchte. Recht schnell wurde ein neuer Amp angeschlossen, kurz funktionierte die Gitarre, dann war sie wieder weg. Dadurch kam es zu ungewollten Pausen, worunter die Stimmung merklich litt. Trotz Songs wie „Lai Lai Hei“, „From Afar“ und „Two Of Spades“ kam zumindest bei uns nicht wirklich was an. Die ersten Reihen feierten die Band dennoch, aber das ist wohl meistens so.

ObituaryBei OBITUARY schlich ich mich weit nach vorne. Die Abrissbirne aus Florida wollte ich nicht verpassen. Eigentlich war ich nur wegen der Band zum INTO THE GRAVE gefahren, und entsprechend groß waren auch meine Erwartungen. Leider fiel der Auftritt dann alles in allem nur durchschnittlich aus. Der Sound war ok, aber nicht gut. Die Songauswahl war zwar klasse (viele Songs von „Slowly We Rot“, hell yes!), aber trotz sichtlicher Bemühung, Stimmung in die Bude zu bringen, sprang der Funke auf mich nicht so recht über. John Tardy war stimmlich ok, aber halt auch wieder nicht gut. Einfach nur ok. Insgesamt plätscherte der Auftritt der Band nur so vor sich hin. Für mich ein Gig nach dem Motto: Schön, die mal live gesehen zu haben, aber ich habe mehr erwartet. Eine leichte Enttäuschung machte sich breit.

ObituaryIm Anschluss an OBITUARY gab es die nächste Abrissbirne. Die großen CANNIBAL CORPSE um Stiernacken George „Corpsegrinder“ Fisher gaben sich die Ehre. Ich konnte mit dem Death Metal der US-Biester noch nie viel anfangen, und auch der Auftritt hat mich nicht bekehren können. Natürlich sind Songs wie „I Cum Blood“, „Make Them Suffer“ und „Hammer Smashed Face“ live brutal und gut, aber meins ist das nicht. Irgendwie klang alles etwas einheitlich und fad. So sah ich aus der Ferne zu, wie die Menge tobte und Corpsegrinder die Windmühle zelebrierte. Was hat der Mann bitte für einen Nacken? Wahnsinn. Das Teil besteht nur aus Muskeln. Muss es auch, so wild und einem Schleudertrauma gleich wie der Kerl seinen Schädel kreisen lässt. Für mich als Bassist sind die Lines von Alex Webster natürlich auch allererste Sahne. Doch letztendlich fällt für mich auch CANNIBAL CORPSE unter das Credo: Mal gesehen, das reicht. Ist auch egal, denn die Fans der Band hatten ihre Freude, und der Sound war auch gut. So muss es am Ende ja auch sein.

Da uns SABATON nicht interessierten, waren SEPULTURA für uns die letzte Band des Festivals. Die Erwartungen waren gering. Letztes Jahr auf dem With Full Force konnten die Mannen um die Bandurgesteine Paulo Jr. (Bass) und Andreas Kisser (Gitarre) überhaupt nicht überzeugen. Und an Derrick Green scheiden sich ohnehin die Geister. Also ein bisschen weiter hinten stehen und nochmal berieseln lassen. Denkste! Keine Ahnung, was das war, aber SEPULTURA haben alles zerlegt. Der Sound war fett und drückend, dabei erstaunlich klar. Green präsentierte sich in absoluter Bestform und schmetterte einen nach dem anderen raus. 30 Jahre SEPULTURA wurden gefeiert, und es gab ein Feuerwerk an alten Klassikern. „Troops of Doom“, „Refuse/Resist“, „Arise“, „Dead Embryonic Cells“... alter Schwede, das ging klar. Dazwischen auch mal neuere Songs wie „Kairos“, und zum Abschluss das durchaus tanzbare „Ratamahatta“ und natürlich der Übersong „Roots Bloody Roots“. Im Vergleich zum WFF eine Steigerung um 300%. Das traf uns unerwartet und dafür umso heftiger. Auch das Publikum auf dem INTO THE GRAVE war von den Socken und feierte die Band bis in die letzten Reihen. Natürlich sind SEPULTURA ohne Max nicht mehr das, was sie mal waren. Aber wenn man sich von den Erwartungen löst, dann erkennt man, dass SEPULTURA immer noch eine Macht sind. Gerade die alten Stücke ballern nach wie vor richtig rein. Stark und definitiv eines der Highlights auf dem diesjährigen INTO THE GRAVE.

Nach dieser Walze ging es für uns wieder nach Hause. Daher gibt es keine Stimmen zu SABATON. Ist einfach nicht unsere Musik, und der Heimweg ist ja auch nicht so kurz.

Fazit

EnsiferumDie Highlights des diesjährigen INTO THE GRAVE kamen für mich sehr überraschend. AVATAR und ihren Melodeath / Nu Metal kannte ich vorher gar nicht, doch die Schweden haben verdammt Laune gemacht. Und SEPULTURA konnten sich im Vergleich zum letztjährigen Auftritt auf dem WFF immens steigern. Die Exil-Brasilianer haben gezeigt, dass sie auch ohne Max das Publikum mitreißen und eine fette Party veranstalten können. Zwar war ich wegen OBITUARY da, doch der Auftritt war eher durchschnittlich. CANNIBAL CORPSE waren ok, während ENSIFERUM durch die vielen technischen Probleme gehemmt wurden. Schade, denn letztendlich konnte die Band da nichts für. Als Fazit muss man sagen, dass sich das INTO THE GRAVE gerade für den schlanken Eintrittspreis mal wieder gelohnt hat. Eine gute Alternative für alle, die es nicht aufs Party.San schaffen.

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