Bericht: Coast Rock Festival 2017

Value for money, oder ein neuer Stern am Festivalhimmel?

von Sascha S.

Flyer Coast Rock Festival 2017

Nach dem stürmischen Ende 2016 haben die Veranstalter die diesjährige Ausgabe des Coast Rock Festivals unters Dach verbannt. Naja, das Areal, das wir 2016 noch besudeln durften, war wohl vielleicht doch etwas groß geraten. Das Live Music Center in Hinte hat da mit seiner Kapazität eigentlich genau die richtige Größe. Nicht zu gepackt, viele Sitzgelegenheiten (!) und eine Bühne, die ordentlich Platz bietet, um davor und darauf rumzuzappeln. Gute Voraussetzungen also, denn so können uns Regen und Sturm mal ganz gepflegt am Mors lecken. Dort angekommen, musste man nicht lange suchen und stand sofort zwischen Gleichgesinnten. Am Eingang gab es dann noch ein schickes Bändchen, danach war man ohne große Umschweife gleich drin im Geschehen.

Den Anfang machten die Jungs von AEON OF DISEASE, die mit ihrem knackigen Death Metal nur einige Wenige vom morgendlichen Kaffee weglocken konnten. Als Opener für diesen Tag irgendwie genau richtig, und man konnte bereits erahnen, was die PA zu leisten im Stande war.

Vike TareVIKE TARE aus dem nicht weit entfernten Friesland kamen als nächstes und hatten ja sowas ähnliches wie einen Heimvorteil. Der Pagan Black Metal kam gut an, und die ersten Banger traten bereits zaghaft in Erscheinung. Die Jungs konnten vom bockstarken Sound profitieren und zockten ein wirklich mehr als anständiges Set. Wer die Knüppelbarden bisher noch nicht live gesehen hat, sollte dieses dringend nachholen. Sehr stark!

Hatten VIEK TARE ja nur quasi Heimvorteil, konnten nun APALLIC zeigen, was ein richtiges Heimspiel bedeutet. Mir liegt das Debüt "Of Fate and Sanity" noch im Ohr, und ich freute mich auf den Gig. Nicht nur ich hatte Bock, sondern auch die Bande rund um Shouter Eike wirkte elektrisiert. Ich muss mich immer noch an seine neue Frisur gewöhnen, der Mucke, bzw. der Show, tut das aber kein Leid. Das Quintett strotze vor Spielfreude und zockte ein wunderbares Set herunter, das schon einige Matten mehr kreisen ließ. Einzig und allein der Sound war meiner Meinung nach etwas zu laut, und somit sind einige feine Melodien einfach untergegangen. Ich stand allerdings auch die ganze Zeit vorne, kann gut sein, dass es hinten auf den Bänken schon wieder in Ordnung war. Naja, ich war mit dem Sound nicht ganz zufrieden, aber der Auftritt selber war erstklassig. So geht Heimspiel. Apropos Heimspiel. Einige wenige Beknackte hatten doch tatsächlich auf dem Parkplatz einen Laptop aufgebaut, um später das "Spitzenspiel" HSV – Werder sehen zu können. Naja, man muss halt Prioritäten setzen.

Apallic

Als nächstes auf dem Speiseplan standen ROTTEN CASKET aus Eindhoven. Ich kannte die "Consumed By Filth" bereits und muss sagen, dass sie mich seinerzeit nicht wirklich umgehauen hatte. Ok, das war auf CD, hier haben wir die Verrückten live und in Farbe vor der Nase, und das ist in diesem Fall etwas völlig Anderes. Die Oranjes hatten richtig Bock und haben der Meute mal so richtig den Arsch versohlt. Ihr simpler Death Metal funktioniert auf Scheibe einigermaßen, live aber sind ROTTEN CASKET eine Macht! Leider war am Merchstand meine Größe nicht mehr verfügbar, das könnte man für's nächste Mal eventuell verbessern, ansonsten Topp!

Kon SametiSo, und nu? Jetzt wurde es, sagen wir mal, anders. KON SAMETI aus der Bundeshauptstadt waren dran. Die Band existiert seit nunmehr 47 Jahren, und sie spielen das, was man früher wohl progressiv nannte. Irgendwie deplatziert war das Trio schon, und das konnte man vor der Bühne auch gut sehen. Die meisten sind wohl was trinken gegangen oder haben sich einen dieser hervorragenden Burger reingepfiffen. Keine Ahnung, ich habe es mir angetan, und ich fand's gut. Auch Harris Johns, der für unglaubliche viele geile Produktionen verantwortlich ist und sich auch als Musiker auf diversen Alben verewigt hat, war von der ostfriesischen Gastfreundschaft begeistert und ging keinem Gespräch aus dem Weg.

OPHIS, eine Band, die an diesem Tag wohl viele Zuschauer angelockt hatte, waren jetzt dran. Blöderweise waren sie aber noch nicht da und steckten im Stau fest. Mal ehrlich, Jungs, wann seid Ihr denn losgefahren? Naja, egal. So wurden halt die Slots ein wenig getauscht und BREAKING SAMSARA rutschten vor. Für die Veranstalter bestimmt in dem Moment nicht wirklich witzig. Gelöst wurde aber alles souverän, es dauerte halt nur seine Zeit. BREAKING SAMSARA machten ihre Sache im Grunde wirklich gut und zockten ihr Set sehr professionell herunter. Fronter Jan hatte einen guten Tag erwischt und trieb seine Jungs gut nach vorne. Das Publikum allerdings blieb hier etwas skeptisch, passte der Stil und auch die Keyboardsounds wohl nicht 100%ig zum Geschmack des Durchschnittsbesuchers.

Mittlerweile waren nun auch die Jungs von OPHIS an Bord und legten nach kurzer Ansage zügig los. Der Doom-Death der Hanseaten war dann schon wieder eher nach dem Geschmack des Publikums, und zum ersten Mal ging auch vor der Bühne die Luzi ab. Bei OPHIS konnte man dann auch bereits ihre Routine erkennen, die den vorherigen Bands halt (noch) abgeht. OPHIS ist einfach ein Brecher.

Die Schweden STERBHAUS haben nicht nur einen lustigen Namen, sondern auch einen wirklich lustigen Frontmann. Sollte man gar nicht meinen, zupft Marcus Hammarström doch inzwischen auch bei den Düsterheimern von SHINING den Bass. Der energiegeladene Death-Thrash der Stockholmer kam gut an und sorgte für viele zufriedene Gesichter. Eine echte Überraschung, die hatte ich nicht wirklich auf'm Zettel.

INTERMENT, ebenfalls aus Schweden, waren irgendwie die heimlichen Headliner, und auch ich freute mich sehr auf die Jungs. Zu Recht, wie sich nach einem ausgiebigen Soundcheck sehr schnell herauskristallisieren sollte. Death Metal kommt halt sehr gut an in Ostfriesland, und manch einer bezeichnet unsere schöne Region ja scherzhaft auch als schwedische Enklave. Ganz ehrlich, die Jungs zocken ein tierisch geiles Brett und brauchen sich vor Größen wie z.B. GRAVE (die im letzten Jahr das Festival headlinen durften) nicht zu verstecken. Ich hoffe nur, dass nicht allzu viele Besucher die beiden Schwedenkracher wegen der beschissenen Derby-Nullnummer verpasst haben. Das wäre echt fahrlässig.

Interment

Weiter ging es mit MOB RULES, ebenfalls aus der Umgebung, da ursprünglich aus Wilhelmshaven. Hard Rock ist ja nicht so meins, aber alleine von der Professionalität des Auftritts konnte man schon beeindruckt sein. Das Publikum ging auch gut mit, und so war auch der MOB RULES-Gig extrem kurzweilig. Während des MOB RULES-Auftritts habe ich draußen beim Rumschlendern MOTORJESUS-Gitarrist Andi getroffen, der auch super sympathisch und relaxt war. Auf der Bühne ist er, wie auch seine Kollegen, aber kaum zu bändigen. Ihr Rock kam gut an, und das Publikum dankte es ihnen mit ordentlichem Rumgezappel und Bierexzessen. Diesmal lief dann auch alles glatt. Dieses Jahr war das einzige Gewitter das, das auf der Bühne entfesselt wurde.

CANCER aus good old England sollten den Abend abschließen. Midtempo-Death geht ja auch immer irgendwie. Ein absoluter Leckerbissen, und das nicht nur für die älteren Herrschaften, auch für mich war und ist die "Death Shall Rise" immer noch ein Meilenstein. Danke für dieses Gemetzel.

Fazit

Die zweite Ausgabe hat mir hervorragend gefallen. Natürlich nimmt man Indoor dem Ganzen halt diesen speziellen Festivalcharme, aber das 2016 genutzte Gelände ist einfach viel zu groß für 300-400 Beucher. Die Location in Hinte hat eine vernünftige Größe und könnte sich für die nächsten Jahre etablieren. Das Event selbst war schlichtweg großartig. Feine Bandauswahl, sehr geile Atmosphäre, ein Backstagebereich, bei dem selbst ein David Vincent nichts zu meckern hätte, wirklich akzeptable Preise und eine große Auswahl an Getränken. Das Coast Rock muss unbedingt unterstützt werden, und diejenigen, die für so ein Spektakel keine 25 Ocken locker machen, haben meiner Meinung nach einfach nur einen an der Waffel. Mehr davon!

Zurück

Einen Kommentar schreiben