Bericht: Coast Rock 2018 - Black Friday

Von Friesen, Zwergen und Spaniern!

von Malte H.

Coast Rock 2018

Am 28.09.2018 gab es auf dem diesjährigen Coast Rock Festival in Hinte bei Emden (Ostfriesland) ein besonderes Schmankerl für Freunde schwarzmetallischer Klänge. Trifft man diese Gattung des Metals im heimischen Ostfriesland vergleichsweise selten an, wurde der dunklen Kunst in diesem Jahr ein ganzer Abend gewidmet.
Vier Bands aus dem weiter gefassten Black Metal Bereich sollten die Bühne betreten und die Wolken über Hinte verdunkeln. Besonders gespannt war ich auf die BATHORY-Coverband BLOOD FIRE DEATH. Wie oft kriegt man schon die Möglichkeit, ein ganzes Set an alten Quorthon-Klassikern auf die Ohren zu bekommen? Zudem gaben die gerade frisch gegründeten FRIISK ihr Live-Debüt und als Co-Headliner konnten die Spanier von NOCTEM gewonnen werden, deren Debüt mich damals schon überzeugt hat und die mittlerweile eine stattliche Größe erreicht hatten. Einzig THJODRÖRIR waren mir kein Begriff, aber konnte Musik, die sich neben der nordischen Mythologie mit Geschichten und Mythen rund um die Gattung der Zwerge auseinandersetzt, schlecht sein? Eher nicht, dachte ich mir.

Also ging es am Freitag auf nach Hinte, eine Stunde Fahrt, das geht wohl. Wir waren etwas spät dran und so hatte ich Sorge, einen Großteil des Sets vom Opener FRIISK zu verpassen. Vor Ort angekommen war die Überraschung dann umso größer: Es war keine Band am Spielen, der Platz vor der Bühne war leer. Hatte ich was verpasst? Waren FRIISK schon fertig?
Die Aufklärung folgte recht zeitnahe: BLOOD FIRE DEATH steckten am Stuttgarter Flughafen fest und würden es nicht rechtzeitig nach Hinte schaffen. Ärgerlich, denn neben dem Headliner ging somit auch die Band flöten, auf die ich mich am meisten gefreut hatte.

Coast Rock 2018: Friisk
Friisk

Nach einer etwas längeren Pause ging es dann jedoch endlich los und FRIISK betraten die Bühne. Neben ehemaligen FRIESENBLUT-Mitgliedern zählte auch Kollege Jannis mit zum Aufgebot der Schwarzheimer aus den Tiefen Ostfrieslands. Mittlerweile gibt es den Titeltrack von der am 16. November 2018 erscheinenden EP „De Doden van’t Waterkant“ auf Bandcamp zu hören, doch zum Zeitpunkt des Auftritts gab es keine Hörprobe, weshalb es auch für mich eine Wundertüte war, was genau die fünf Mannen kredenzen würden.
Am Ende stellte sich die Musik FRIISKs als sehr melodischer, mit cleanen Parts verzierter Schwarzmetall heraus, der seltener das Gaspedal voll durchdrückt, dafür dann aber ordentlich reinhaut. Wobei ich leider sagen muss, dass einigeCoast Rock 2018: FriiskMelodien gerade in den rasenden Parts nur zu erahnen waren und im Sound untergegangen sind. Schade, denn die erste Auskopplung auf Bandcamp präsentiert sich erwartet melodisch. Ein bisschen differenzierter hätte der Sound da vor der Bühne schon sein dürfen.
Nichtsdestotrotz machten FRIISK auf den Brettern, die die Welt bedeuten, ordentlich Alarm. Allen voran natürlich Sänger T., der litt und klagte, schrie und verzweifelte. Eine sehr einnehmende Präsenz, welche die Songs emotional getragen hat. Sehr stark. Da freut man sich direkt auf die erste Veröffentlichung.
Auch sonst wirkten FRIISK bereits gut eingespielt, wobei man vor dem einen oder anderen kleinen Verspieler wohl nicht gefeit war. Aber wir reden hier von Live-Musik, solche Dinge passieren, wenn etwas Bewegung im Spiel ist. Alles in allem konnten die Ostfriesen überzeugen und lieferten ein gutes Brett ab. Erwähnenswert war auch der letzte Song „Seelenland“, eine Huldigung einer der wahrscheinlich besten deutschen Black Metal Bands: NAGELFAR.

Es folgte eine Umbaupause und die Location konnte erkundet werden. Im hinteren Bereich gab es neben den obligatorischen Merch-Ständen und dem Getränkeausschank noch etwas zu essen. An Tischen und Bänken konnte man sich – genau wie vor der Halle - hinsetzen und ausruhen.
Logistisch wurde einiges aufgefahren. Neben der Bühne stand jeweils links und rechts ein großer Monitor, auf welchem Bilder und Namen der gerade spielenden Band eingeblendet wurden. Recht cool, muss ich sagen. Eine Nebelmaschine war natürlich auch am Start.
Einzig der Eindruck, dass am Freitag etwas weniger Menschen als geplant da waren, zog sich durch den Abend. Aber das kennt man in Ostfriesland ja schon, wenn es darum geht, dass Black Metal gespielt wird. Leider.

Coast Rock 2018: Thjodrörir
Thjodrörir

Weiter ging es dann mit THJODRÖRIR aus Schleswig-Holstein. Die beiden Jungs und die beiden Mädels spielten eine Mischung aus Pagan und Black Metal und behandelten thematisch die nordische Mythologie sowie das Thema Zwerge. Auch nicht schlecht, das kriegt man nicht alle Tage geboten.
Hauptaugenmerk beim Gig lag auf Sänger und Gitarrist Denny, welcher wirklich extrem stark gezockt hat. Die Riffs bewegten sich zwischen schnellen Black Metal Leads und groovigen Parts, wie man sie bereits von anderen Pagan-Bands kennt. Dazu trug Drummer Flo selbstredend seinen Teil bei.
Wenn ich richtig geschaut habe, dürften THJODRÖRIR auch noch nicht so viele Gigs gespielt haben. Der Auftritt auf dem Coast Rock müsste der vierte Auftritt der Band gewesen sein. Das ist gar nicht schlimm, aber anders als bei FRIISK, die teils schon über jahrelange Bühnenerfahrung verfügen, beschlich mich bei Bassistin Wawa und Gitarristin Cindy das Gefühl, dass die beiden außer mit THJODRÖRIR noch nicht so oft auf der Bühne gestanden haben.
Das wirkte sich entsprechend auch auf die Bühnenaktivität und die Songs aus. Hier und da wirkte das alles sehr verkrampft und holprig, konzentriert und angespannt. Das liest sich jetzt wenig positiv, aber so ist es gar nicht gemeint. Daher möchte ich an dieser Stelle nochmals betonen: Das ist gar nicht schlimm. Jeder fängt mal klein an. Wie anders soll man Erfahrungen sammeln, wenn nicht durch Live-Shows?
So wurde der Auftritt überwiegend von Denny und Flo gezogen, die wirklich eine extrem beeindruckende Performance an ihren Instrumenten hingelegt haben. Und das Publikum hatte sichtlich Spaß, also alles richtig gemacht. Je mehr Auftritte THJODRÖRIR haben werden, desto sicherer werden auch Wawa und Cindy. Ich glaube, wenn die beiden Mädels noch mehr aus sich herausgehen, dann könnten THJODRÖRIR eine richtig coole Live-Kapelle sein. So war es zwar ein guter Auftritt, der jedoch noch Luft nach oben hatte.

Coast Rock 2018: Noctem
Noctem

Luft nach oben gibt es bei den Spaniern NOCTEM, die nach der Absage von BLOOD FIRE DEATH zum Headliner aufgestiegen waren, kaum noch. Meine Güte, was war das denn bitte für ein Abriss? Obwohl nur zu viert (und ich meine, dass sie eigentlich zu fünft spielen) und somit mit einer Gitarre weniger, knallten die Mannen um Frontsau Beleth von Beginn an ihren dreckigen Death / Black in die Menge. Jetzt mal ehrlich, wo nimmt der Kerl diese Energie her? Was für eine Bühnenpräsenz hat der Mann bitte? Er erinnerte mich an eine Mischung aus Mortuus (MARDUK) und Maniac (MAYHEM). Dass er bei dem Kopfgeschraube kein Schleudertrauma kriegt, soll mich wundern. Coast Rock 2018: NoctemNahezu den gesamten Gig über erging er sich in einer Mischung aus Growls und fiesem Gekeife, mit einem Aktionsradius, der die ganze Bühne vereinnahmte.
Hochprofessionell pressten NOCTEM ihre Songs in die Ohren der Anwesenden und ließen sich auch von einer rumzickenden und immer wieder ausfallenden Gitarre nicht aufhalten. Selbst als ein betrunkener Vollidiot meinte, er müsse sehr zum Missfallen der Band immer wieder die Bühne entern, ließen sich die Spanier nicht aus dem Konzept bringen. Nachdem ein kurzer Plausch den Idioten sich nicht von der Bühne bewegen ließ, gab Beleth ihm kurzerhand einen Tritt und gemeinsam mit Crew-Mitgliedern wurde die Bühne dann doch noch geräumt. Ich sage dazu nur: Egal wie besoffen ihr seid, da oben habt ihr nichts zu suchen. Zumindest nicht, wenn die Band das nicht will. Das ist nicht cool, das ist nicht geil und vor allem ist das nicht witzig. Das ist asozial.
Einmal mehr war es schade, dass sich die Menge ausdünnte, je weiter das Set der Spanier voranschritt. Das hatten die Mannen aus Valencia wirklich nicht verdient, denn der Auftritt war extrem fett und ich hätte gerne noch mehr gesehen.
Aber das ist kein neues, dafür ein nach wie vor trauriges Phänomen. Ja, das Bier war billig. Und ja, leider ging bei NOCTEM auch einiges im Soundbrei unter. Und ja, vor der Bühne gab es komische Violent Dancing Anflüge von Besuchern, die so nicht zum Black Metal passten. Trotzdem darf man gerne bis zum Ende eines Gigs in der Halle bleiben. Immerhin haben die Bands es verdient, dass man sie bis zum Ende ansieht und die Veranstalter haben ebenso verdient, dass ihre Halle bis zum Ende gefüllt bleibt… Das ist eine Unsitte, die ich schon seit einiger Zeit beklage, an der sich aber wahrscheinlich nichts ändern wird.
Letztendlich lieferten NOCTEM trotz allem richtig ab und wurden auch zurecht mit Beifall verabschiedet.

Fazit

Früher als erwartet ging es für uns wieder nach Hause, doch ich war zufrieden. Für 15 Euro wurde wirklich einiges geboten, obwohl mit BLOOD FIRE DEATH der von mir gespannt erwartete Headliner spontan absagen musste.
FRIISK mit ihrer ersten Show, THJODRÖRIR mit ihren teils sehr groovigen Riffs und vor allem die Spanier von NOCTEM haben den Abend mehr als zufriedenstellend gestaltet. Das war geil, das hat Spaß gemacht. Alle drei Bands würde ich mir wieder anschauen, wobei FRIISK und NOCTEM mir ein kleines Bisschen besser gefallen haben.
Dennoch konnte ich den Abend für mich als Zuschauer als vollen Erfolg verbuchen, wenngleich ich einmal mehr enttäuscht bin, dass nur so wenig los war und einige auch vorzeitig abgehauen sind. Das ist sehr schade.

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