Bericht: Black X-Mas Festival 2014

Schwarze Weihnachten in Sögel

von Rüdiger Vinschen

Black X-Mas Festival 2014

Kurz vor Weihnachten nochmal ein Konzert der eigenen lokalen Lieblingsband mitnehmen? Na klar, wenn's sich so anbietet wie mit dem Black X-Mas-Festival, das auch nicht weiter von zu Hause entfernt ist als das JuKuZ Phönix in Moormerland, dann kann man das mal machen. Ein schlapper Fünfer sollte der Eintritt kosten, da konnte auch der Geldbeutel nicht widersprechen. Gesagt, getan, also ab durch das so gar nicht dezemberliche Sauwetter und fix in die Sögeler Packhalle abgetaucht, die mitten in der hübsch herausgeputzten Sögeler City liegt. Die Location wurde vor nicht allzu langer Zeit überhaupt erst eingerichtet, das sieht man ihr wirklich an. Schickes Ding, stylisch und gemütlich. Nicht zu groß, nicht zu klein, genau richtig für das kleinere Metal-Konzert. Dieses Mal stand eine 50/50-Mischung aus schwarzem und Todesmetall auf dem Plan, und abgesehen von der kurzen Googlerei im Vorfeld hatte ich keine Ahnung, was mich da an Bands erwartete.

HASSMORD eröffneten mit Black Metal den Abend. Viel Gutes hatte ich vorher nicht gehört. Es schienen sich viele Menschen darüber einig zu sein, dass nicht viel mehr als das auditive Pendant zu Durchfall zu den besonderen Leistungen dieser Kombo zählt. "Kann doch nicht so schlecht sein," dachte ich. Es kam dann aber eher doch so, wie man angesichts der Omen hätte erwarten können. Für den Gig will ich mal versuchen, ein paar positive Worte zu finden.

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Ja gut, mehr fällt mir jetzt auch nicht ein. Habitus und Musik machten einen mehr als ungaren Eindruck, so als hätten sie ihren Platz entweder noch nicht gefunden, oder wüssten nichts damit anzufangen. Geradezu verwirrend fand ich z.B. das eingestreute SYSTEM OF A DOWN-Riffing. Mutete reichlich seltsam an. Als prägnantestes Bild blieb mir aber das Shirt des Drummers mit dem "Deutschland"-Schriftzug und darüber prangendem Reichsadler im Gedächtnis. Deswegen glaube ich nicht gleich, dass mir da eine NSBM-Band gegenüberstand, aber die Möglichkeiten für solch eine Kleidungswahl sind recht begrenzt. Denn entweder tragen solche Sachen Drecksnazis, oder man will damit Sarkasmus ausdrücken (was für Sarkasmus das auch immer sein soll, denn der ist normalerweise eher intelligent), provozieren, oder man ist einfach zu dämlich, um zu erkennen, was man da eigentlich gerade macht. Jede dieser Möglichkeiten wirft letztendlich kein gutes Licht auf die geistige Kompetenz des Trägers. Solche Dämlichkeiten sind mitunter der Hauptgrund dafür, dass die heutige Black-Szene sich erstens immerzu mit zu großen Teilen ungerechtfertigten Vorwürfen und Verdächtigungen konfrontiert sieht, und zweitens grundsätzlich anfällig für tatsächliche rechte Unterwanderung wird. Ist schade, wäre eigentlich nicht nötig, finde ich.

Burial Vault

Egal, das soll nicht als Fazit für den Abend stehenbleiben. Leichter Ärger und diffuse Belustigung wichen reiner Vorfreude auf den zweiten Akt: BURIAL VAULT aus dem heimischen Papenburg waren an der Reihe. Der Gig war eine kleine Premiere, denn diesmal spielte das Quintett zum ersten Mal mit Frischfleisch an der zweiten Gitarre: Richard Kaiser hat den Job von Alexander Petri übernommen. Burial VaultWie ich das beurteilen kann, hat er einen sauberen Job abgeliefert, hochkonzentriert und motiviert. Jetzt müsste sich also nur noch Tobi wieder lange Haare wachsen lassen, dann stünde die Frontreihe in einträchtiger Matten-Manier nebeneinander. Alles in allem war es wieder ein typischer (und somit superguter) Auftritt der sympathischen Melodikdeather. Immo brachte dann auch gleich mal das Drumset an seine Grenzen. Die üble Portion Dresche, die sich das Teil einfangen musste, schickte einen Beckenständer gleich mehrfach zu Boden, wobei auch die darauf montierte Kupferscheibe was abbekam. Das beim ersten Akt noch an der Rückwand verteilte Publikum hatte sich - schwuppdiwupp - vor die Bühne teleportiert und spendete hochverdienten Applaus und Gebrüll. Die Setlist bestand wieder aus dem bereits bewährten 3x3 - drei ältere Songs, drei ganze neue, und drei von der "Incendium". Klar, ok, viel Zeit für Zugaben war nicht, aber eventuell sollte man sich da in Zukunft doch was in der Hinterhand halten, denn Bock hatte die Meute vor der Bühne noch. Für mich war's der dritte Auftritt meiner emsländischen Helden, und da werden noch viele mehr kommen, ehe ich Gefahr laufe, die Freude daran zu verlieren.

Burial VaultSetlist BURIAL VAULT:

  • The Nightly Horror
  • Catharsis
  • Infernality Obsessed
  • Xenophobia
  • Sanctimonious
  • Genesis.Trinity.Carnage
  • Weapon Without A Choice
  • Return To Point Zero
  • The Embodiment Of Animosity

Signum: Karg

Ein kurzer Besuch an der frischen Luft, damit die Angebetete ihr Zigarettchen aussaugen konnte, und weiter ging's auch schon mit SIGNUM: KARG. Extra aus Freiburg waren die Vier angereist und brachten Black Metal mit reichlich Atmosphäre mit. Bei Black Metal gibt's ja eigentlich zwei Möglichkeiten: entweder, er ballert Dich einfach nur weg, oder er ist eiskalt, abgrundtief und böse - eben grim und frostbitten. Signum: KargVon zweiterer Sorte ist SIGNUM: KARGs Repertoire. Zumeist schleppend und erzählerisch anmutend waren die Stücke, auch wenn ein paar pfeilschnelle Treiber dazwischen waren. Ich bin ja sonst nicht für Black Metal zu haben, aber was da geboten wurde, war so energisch, innovativ und tiefgehend, dass ich nicht lange gefackelt und eins der unglaublich zahlreichen zwei Exemplare des Albums "Chöre Aus Dem Schlund Der Zeit" abgegriffen habe. Man kann halt aus Black Metal Soundmatsch machen, oder wie diese vier Mannen ein fein abgestimmtes Arrangement, zu dem jedes Instrument seinen Teil beisteuert. Optisch gefiel mir Basser Opthar barfuß, mit Löwenmähne und Halbkörper-Tätowierung, richtig gut. Überraschend dagegen der Drummer: "Bewegt der sich eigentlich?" könnte man denken, aber der optische Eindruck täuscht: scheinbar ohne Mühe hat der Junge ein Brett abgerissen, ist ja nicht mehr feierlich. Wer Atmospheric Black leiden mag, sollte sich SIGNUM: KARG unbedingt mal geben. Die gehören mit einiger Sicherheit zu den Spitzenmusikern ihrer Sparte.

Signum: Karg

Zu den vielen verschiedenen Eindrücken des langsam alternden Abends gesellte sich mit ISLAY noch ein regelrechtes Potpourri an weiteren wertvollen Lebenserfahrungen. Immer noch blutjung in der hiesigen Szene, hatte ich null Ahnung, was da gleich passieren würde. Ich hatte schon geahnt, dass der Wuschelmähnenmann mit leicht schiefem Blick zur Band gehören muss, der mir den wohlmeinenden Rat gab: "Guck' die bloß nicht an, die sind Scheiße." IslayWenig später stand er mit Mikro in der Hand auf der Bühne und begrüßte den Mob, der nochmal in voller Stärke den Abstand zu den Bühnenbrettern minimierte. Einer Vorstellung bedurfte es nicht, alles klar, man kennt sich. Herzlich und durchaus ausgelassen kündigte Sänger Chicken den ersten Song an, nachdem er sich schnell durchgefragt hatte, welchen sie denn nun spielen würden. Heiliger Saint Fuckface, wenn der Junge nicht angeheitert war, dann doch zumindest rotzebreit. IslayDas hinderte ihn aber nicht daran, trotzdem zumindest zu versuchen, die Boxen mit Maximalpegel kaputtzubrüllen. Heiliger Haumichtot, war das ein Brett. Sehr geiler Auftritt, muss ich schon sagen. Allesamt hatten sie eine Spielfreude und Ausgelassenheit, dass es ein Fest war, einfach dabei zu sein. IslayAlleine Drummer Lemmi, bei dem man ständig das Gefühl hatte, der Junge gehört doch jetzt langsam mal in ein Sauerstoffzelt, konnte trotzdem immer nochmal eine Portion Zunder mehr draufpacken. Genügend Lacher gab's natürlich auch, Situationskomik ist nunmal die beste. Da kann auch mal ein helfender Immo, der eigentlich nur einen mal wieder niedergekloppten Beckenständer aufrichten sollte, in die bierselige Bühnenshow mit eingebunden werden, oder der Vokalist fängt sich mal eben ein Teabagging vom Klampfer. Warum auch nicht? ISLAY werde ich mir auf jeden Fall wieder geben, und unbedingt werde ich mich dabei tierisch abschießen müssen. Die Band ballert einfach nur alles weg, meine Trommelfelle sind davon jetzt auch restlos überzeugt.

Fazit

Drei extrem geniale Bands, eine verschiedener als die andere (oder so), ein Wiedersehen mit lieben, kuscheligen Bekannten und neue, coole Leute. Kann es Besseres geben? Ja klar, pack' Metal obendrauf, das passt auf jeden Fall. In der Packhalle hat man mich bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen. Ein paar mehr People hätten es ruhig sein können, es waren jetzt maximal so etwa 40, 50 da. Besonders für die weitgereisten SIGNUM: KARG hätte ich mir doppelt so viele gewünscht. Für dieses Jahr ist aber erst einmal Schluss für mich mit Lärm-Auswärtsabenden, deshalb wünsche ich Euch allen da draußen viele CDs (oder kiloweise Vinyl) unter'm Baum, schöne Feiertage und ein recht besoffenes neues Jahr. Bleibt heavy, Leute!

Islay

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Kommentar von Packhalle |

Moin Moin und besten Dank für diesen feinen Bericht.

Davon in Zukunft gerne mehr ;-)

Beste Grüße & ein frohes Fest
Das Team aus der Packhalle Sögel